Bergstraße. Die Selbstverständlichkeit besonderer Weine – Barbara Amthor

Bescheiden und dennoch großzügig. Jung, kreativ, dynamisch… ja es gibt noch eine Fülle weiterer positiver Adjektive, die Barbara Amthor recht gut zuzuordnen sind. Sie ist als Familienmensch, Mutter, Winzerin und Macherin ein Ausnahmetalent.

All dies bringt sie geschickt-charmant in Einklang ohne zu verzweifeln. Sie macht den Wein, das Management und den Vertrieb ohne den Überblick wie auch Durchblick zu verlieren. Kein Geschwätz über große Errungenschaften und ganz weit weg vom Chi chi der großen Weinwelt überzeugt Barbara Amthor mit einer feinen Auswahl gelungener Weine. Hier wird spürbar, dass guter Wein keine Glücksache ist, sondern großes und facettenreiches Handwerk mit einem Touch Kultur und auch Impulsgeber für so viele gute Begegnungen.

Die gebürtige Bensheimerin gehört zu jener Winzergeneration, welche den Weinbau als kreative Angelegenheit verstehen. Sie möchte… und sie kann gradlinige, sortentypische und charakterstarke Weine gestalten ohne mit radikalen Innovationen und Neuinterpretationen den Markt aufzumischen. Barbara setzt auf Tradition und verfeinert all dies, was ihr Großvater und Vater ihr in die Wiege legten. Klar… war dies nicht die große Weinbühne, jedoch hat die Geisenheim-Absolventin früh verstanden, dass die hohe Kunst der Qualität über viel präzisere Handarbeit, ökologischer Bewirtschaftung und ganz viel Aufmerksamkeit gepaart mit hoher Bodenqualität geht.

Eleganz und Ehrlichkeit, aber ohne expressive Frucht und Schwere, das sind charakteristische Eigenschaften und Leitplanken aller Amthor-Weine. Dass hier authentisch und in großer Demut gegenüber der Natur gearbeitet wird, verdichtet sich von Schluck zu Schluck. Im Glas schimmert zart-golden der Amthor Heppenheimer Eckweg Goldmuskateller trocken 2019. In der Nase verfangen sich typische Muskataromen und Aromen, etwas Grapefrucht mit einem Touch feiner Süße. Ein zarter Schmelz tapeziert den Gaumen leicht aus und mag ganz gern noch verweilen. Die sorgsam herausgearbeitete Säurestruktur macht diesen Wein sehr lebendig.

Neben Spätburgunder, Chardonay oder Cabernet Sauvignon gehört allzu natürlich auch Riesling zu ihrem Repertoir. Mich hat besonders der Amthor Heppenheimer Eckweg Weißer Riesling, trocken 2019 mit seinen typischen Riesling-Aromen überzeugt. In der Nase tänzeln grüne Äpfel und gelber Pfirsisch und mögen sich gar nicht mehr beruhigen. Satte Fruchtsäure mit einer dezenten Süße, leidenschaftlich und lebendig zugleich. Ein großartiger Wein!

„Love! Laught! Riesling! „ 

Von Ihren Lagen im Heppenheimer Maiberg und Eckweg blickt sie rüber zum Staatsweingut oder hinüber in die Pfalz. Nein… schummrig wird es ihr bei so viel großen, wie auch berühmten Weingütern nicht, denn sie weiß um ihr Talent, um ihre Kreationen und blickt viel lieber in ihre eigene Zukunft. Es bleibt die Erkenntnis, dass letztlich doch jeder einen Top-Wein für Unsummen kaufen kann!

Abseits großer Namen mal so nebenbei eine echt gute Entdeckung machen und für wenig Euro eine volle Ladung Genusskultur in die Sinne zu packen, ist bei Barbara Amthor eine schöne Selbstverständlichkeit.

Weingut Amthor / Bürgermeister-Kunz-Straße 101, 64646 Heppenheim / 0177 4569512

https://www.weingut-amthor.de

Alexander Heer! Der den Naturgeist in die Amphore packt!

Kreativ, innovativ und so herzlich geistreich-verrückt. So begegnet mir Alexander Heer. Weder verändert er noch spielt er mit dem Geist des Weines. Er gibt ihm Raum, schenkt ihm Aufmerksamkeit und kreiert mit viel Sensibilität einen neuen Geschmackskörper. Ja! Es klingt widersprüchlich und irritiert. Zunächst! Bereits der deutsche Lyriker Friedrich Hebbel erkannte:

„Der Wein ist die edelste Verkörperung des Naturgeistes“.

Vor knapp 15 Jahren begann der diplomierte Önologe Alexander Herr im Rheingau mit dem Aufkauf und der Anpachtung bester Weinlagen im Rheingau um weinbauliche Schätze zu heben und alte Klone mit geringen Erträgen zu selektionieren. Es gehört zu seinen Grundprinzipien mit der Natur und nicht gegen sie zu arbeiten. Er beobachtet sorgfältig und fördert artenreiche Begrünung sowie ein lebendig-facettenreiches Bodenleben. Letztlich kann sich nur in Freiräumen eine Wildflora entwickeln, die ein gutes Umfeld für Nützlinge bietet. Ein wachstumsarmes Gefüge mit schwacher Fruchtbarkeit und einer einzigartigen Mineralienzusammensetzung spiegelt den Charakter eines Weines am besten wieder. Somit gewinnt er bereits bei der Arbeit im Weinberg die Grundlagen für gesunde, aromenreiche Trauben, aus denen im Keller hochwertige Weine entstehen.

Es sind diese alten Reben mit einem Alter von 25 bis über 60 Jahren, denen Alexander Heer viel Handwerkskunst gönnt. Es sind jene dicke Reben, die ganz viele Geheimnisse der Vergangenheit in sich eingefangen haben und denen er nun sorgsam zu Leibe rückt. Glücklicherweise wurden die Rebzeilen durch seine Vorgänger als Dichtpflanzung angelegt und sind verantwortlich dafür, dass nur ein geringes Ertragsniveau und hohe natürliche Mostkonzentration möglich sind.
Solche robuste Gewächse mit einem hohen Holzanteil und vitalen Rebköpfen sind so gut wie unsterblich. Deren Wurzeln graben sich tief in den Boden und finden dort den mineralischen Unterbau für tiefgründig-ehrliche Weine.

Und… Alexander Heer liebt das Wechselspiel aus spezifischem Boden und alten Reben, sind sie doch das Fundament für individuelle und aussagekräftige Weine, welche zusammen mit dem Ausbau in Tongefäßen über größtmögliche Personalität verfügen.
Es entstehen Weine, die fernab vom Massenphänomen, nötigerweise nicht jedem gefallen müssen, sondern dem Connaisseur, der nach der einen oder anderen Varianz Ausschau hält und es sind Weine, die an eine große, dramatische, Oper mit mannigfachen Klängen erinnern lassen.

Aus den Lagen „Hallgarter Würzgarten“ mit seinen, prächtigen, 40 Jahre alte Reben entstand der „Müller-Thurgau 19 Grad“. Dieser Weinberg verfügt über einen besonderen Charakter. Merkwürdig geformte Stämme, die trotz ihres Alters nach wie vor über hohe Vitalität verfügen.
In diesem Weinberg sind es die Wildschweine, die Alexander Heer die wenigen Haare raufen lassen jedoch alljährlich als Reifeindikatoren dienen, denn wenn die Trauben über die moderate Süße verfügen und die Säure nicht mehr zu hoch ist, beginnen die Wildschweinrotten ihre Raubzüge und erfordern von Heer und seinem Team eine sehr rasche Reaktion.
Zeitgleich wurde meistens der Spätlesecharakter erreicht. Ein Level an erhöhtem Extraktwert und die beste Basis für hohen natürlichen Alkohol.
Im Keller ist die „19°“ sehr gut geeignet als Wein für ein ausgedehntes Fasslager. Noch besitzt dieser Wein eine enorme Fruchtigkeit. Banane dominiert. Das Lange Hefelager „sur lie“ und die alternierende Folge der Battonage schaffen ein noch komplexeres und volleres Geschmacksprofil.

Langer Hefekontakt und der Prozess des Aufrührens ist die klassischste Technik den Wein vor Oxidation zu schützen.

Zusätzlich erreicht Alexander Heer dadurch eine unschlagbare Dichte.  Wie auch immer, die Technik des Vin Orange ist hierbei angewendet. Offene Maischegärung und malolaktischer Säureabbau reduzieren die Primärfruchtaromen komplett und so entwickelt sich
zusätzlich diese würzige Dichte aus der einstmaligen fragilen Struktur. Eine friedliche 24-monatige Barriquelagerung hilft dem Wein sein Hefedepot optimal absetzen zu lassen und muss somit in Folge nur reduziert filtriert werden. Zwanzig Monate zusätzliche Flaschenlagerung stehen ihm prächtig zu Gesicht und dem Genießer prächtig im Gaumen und Geist.

Seit 2017 tanzt und rackert Alexander auf Thassos 

Hier kann er seine Ideale ausleben. Die Wiederbelebung alter Kultivierung und des antiken Ausbaus (Amphoren), vergessener, von ihm wieder entdeckter Rebsorten und Klone auf lebendigen Böden wurde seine neusinnige Lebensaufgabe. Hieraus entstand das Weingut Kthma Kazaviti. Seine stilistisch burgundischen, sauberen Vin Naturel bietet er nun auch in Deutschland exklusiv an.

Es werden völlig vergessene, unbekannte, aber auch einige bekanntere Rebsorten – zum Teil Klone davon – angebaut:
Agriostaphila, Agoridis, Assyrtiko, Dopia, Kokinadia, Limnio, Limnio Weiß, Matriaki, Mavroudi, Muscat d´Alexandria, Roditis, Rosaiki und einige mehr.

Schritt für Schritt werden daraus exzellente Weine, die ausschließlich als Vin Naturel und in thasischen Amphoren (Kioupi) produziert werden. Mehr Natur geht wohl nicht. „Nature in the Bottle“ eben!

https://www.griechenland-weine.de/winzer-portraits/kazavitis-alexander-heer/

Pfalz. Die Genusszauberer der Natur – Felix Mayer-Themel & Ralph Gelbert

Wenn der Mayer mit dem Gelbert in den Farbtopf der Natur greift, dann könnte …?! Es wurde verdammt viel daraus. Das sind wahre Lebensschätze, die der leicht-verrückte aber unbedingt charmant-kreative Jungwinzer Felix Mayer-Themel meinen Sinnen präsentiert und sogleich beginnen wir über das Leben und gute Weine zu sinnieren. Was ist denn das Leben im Wein? Kann man es auf ein Glas fokussieren? Ach und überhaupt… wie ist das mit der hohen Kunst der Weinkultur? Hier an der nördlichen Kante der Pfalz hat sich der junge Weinmacher aufgemacht, die wahre Weinkultur gepaart mit ganz tiefer Tradition neu zu definieren ohne der alten Tradition des Weinbaus zu widersprechen. Die neuen Weinkreationen vom Mayerhof in Asselheim sind ganz weit weg vom Weichei- und Chichi-Wein. Ganz nah dran am Ehrlich-bodenständigen und markant. Ganz eng verzahnt mit der brachial aber auch liebevoll anmutenden Natur. Letztlich soll der Geist im Gaumen wieder erkennen, was einen Wein mit Charakter und das regionale Terroir auszeichnet.

Irgendwann stand er dann mal im Mayerhof… der vom Erfolg verwöhnte Künstler Ralph Gelbert, welcher mit verdammt viel Liebe zu dem Farbenspiel herrlicher Naturlandschaften der Pfalz auch die Nähe zur harten Handwerkskunst des Weinbaus suchte. So haben sie sich gefunden… die beiden Naturwandler.

Ralph Gelbert ist ein neugieriger Sucher und Genusssammler zugleich. Mit ganz viel Leidenschaft geht er hinein in Naturlandschaften und füllt seine Sinne mit facettenreich-bunten Eindrücken.

In seinem Atelier, unweit vom Mayerhof, in einer prächtigen Mühle am dramatisch-romantischen Bachlauf der Eis. Hier forscht, addiert, zerstört und interpretiert er seine Liebe zur Natur. Er liebt das Spiel mit Nuancen und setzt Farben verdammt gern ins Konträre. Inszeniert sie auf eine große Seelenbühne und lässt sie auch mal ganz gern lebensbejahend glänzen.

In all seiner Gier nach mehr an Weinkultur, seiner nimmermüden Arbeit im Weinberg sucht Felix Mayer-Themel immer wieder eine neue Herausforderung, eine neue Interpretation seiner Weine. Ganz gern wandelt er dann auch mal entlang am Extremen und probiert sich aus. Und ganz gern tauscht er sich hierüber aus. Mit Kollegen und mit dem Maler Ralph Gelbert.

Und sie haben Großes geschaffen. Felix und Ralph haben ihre Kunst miteinander vereint. Felix interpretierte ausgezeichnete Weine in nicht alltäglichem Flaschengewand. Ralph packt Farbwelten darauf, die ganz weit weg sind von einer abstrakten Malerei, sondern völlig ungegenständlich, nicht-abbildhaft sind und damit ihren eigenen künstlerischen Gesetzen gehorchen. Wie auf der Flasche… eine großartiger Geist der Natur und dessen Kunst.

Drei Weine bilden nun das Sortiment des Duos: Der 2017 CABERNET SAUVIGNON – ROSÉ kommt herrlich frisch, fruchtig-süffiger daher und präsentiert sich als rassiger Sommerwein, der Maßstäbe setzt. Die Nase wird umflirtet von Aromen mit Erdbeeren und Cassis, flankiert von grüner Paprika und Stachelbeere. Im Mund die volle Ladung Erdbeer-Johannisbeer-Sorbet mit unheimlich dichter und langanhaltender Struktur. Wie der schlanke und unkomplizierte Bruder eines Cabernet Sauvignon. Ein brachial-wunderbarer Rosé!

Der 2017 CHARDONNAY 500 Lagenwein gefällt sich ganz gut und stolziert etwas überreif aber nicht zu aufdringlich auf der großen Bühne der Sinne. Banane, Papaya Honigmelone, dazu eine feine Note Joghurt, frisches Brot, und dezente Holz – und Ledernoten vom Fassausbau. Extrem niedrige Erträge, Handlese, im 500 l Tonneau vergoren, mit wöchentlicher Bâtonnage versehen und unfiltriert gefüllt. Ja! Es ist ein ungewöhnlicher, eigenständiger Chardonnay, den man gut und gerne auch an langen Winterabenden vor dem Kamin genießen sollte.

Recht flott kommt der MÜLLER-Thurgau Gutswein daher und bringt gleich einen vollen Korb an exotischen Früchten mit. Die Nase erspürt auch eine frisch gemähte Wiese unter einem blühenden weißen Fliederbusch. Hell, mit grünen Reflexen schimmert er im Glas…. Und dann, der erste Schluck. Stachelbeere und grüne Paprika garniert mit einem Spritzer Grapefruit, tummeln sich auf der Zunge. Entspannung, gute Laune. Der Felix kann eben mehr als nur Müller – Thurgau. Hier wie bei all seinen, zuvor beschriebenen Weine, gibt er dem Wein ganz viel Charakter.

Ganz ehrlich!! Ich finde die zwei Naturkünstler genial-liebenswert. Es sind starke Charaktere die Kunst, jeder auf seine Art und dennoch so vergnüglich miteinander, dem Weintrinker in die Sinne schreiben.
Letztlich entscheidet der Weintrinker, welchen Wein er liebt und mit welchem er einen Teil seines Lebens teilt. Ich teile diese Weine nicht, aber herzlich gern meine Erinnerungen.

Ralph Gelbert / Deidesheimer Str. 16, 67435 Neustadt-Königsbach

http://www.gelbert.com