Kaum habe ich die Autobahn bei Eltville verlassen, erfasst mich die außergewöhnliche Stille einer prächtig anmutenden Natur. Hier oben, auf der Bergkuppe des Hahnwalds in unmittelbarer Nähe zum Kloster Eberbach, tickt die Welt anders. Ruhiger und gleichzeitig auch erhaben. Hier herrscht eine außergewöhnliche Stille einer prächtig anmutenden Natur. Es ist, als habe die Natur unser natürliches Gespür für Zeit und Raum geraubt. Es ist ein Ort ohne Hast. Prächtige Wald-, Wiesen- und Weinbergslandschaften, welche den Horizont in ein kräftiges Grün tauchen, und sattgrüne Wälder, die dem Himmelsblau einen farblichen Widerspruch in die Karten spielen lassen, sind merklich zu erkennen: Hier ist es anders.
Bereits meine erste Begegnung mit Falk Richter lässt erspüren, dass hier ein leidenschaftlich wie auch kreativ agierender Gastgeber am Werk ist, der sich nur mit dem Besten zufrieden gibt.
Seine Welt ist mal fein – manchmal gar pedantisch – sortiert und dennoch spürt man die monotonen musikalischen Riffs eines Virtuosen an der Gitarre oder das Doublebass am Schlagzeug. Er ist eben ein Künstler am Herd wie auch im kreativen Spiel mit seinen Kindern.
Falk Richter führt sein Wald.Fein im Hotel & Retreat Wald.Weit. mit ganz viel sensiblen Gespür für kultivierte Gastfreundschaft und einer ansteckenden Lebensfreude, welche sowohl auf dem Teller als auch im Restaurant sichtbar wird. Hier vereinen sich Innovationsfreude sowie perfekte Servicequalität mit unternehmerischem Mut und Beharrlichkeit.
Falk ist geprägt von Geduld, Achtsamkeit und seiner engen Verbindung zur Natur. Ein Naturbursche eben, welcher seine Kräuter im Kräutergarten und im Wald direkt vor seiner Tür sammelt. Gemeinsam mit seinem Team nimmt er nicht einfach mal irgendein Kraut oder Salatblatt, sondern wohl ausgesucht, fein sortiert, in der richtigen Aromamatrix setzen sie Kompositionen zusammen, welche manchem Gast die Sinne bereichern.
Wildpflanzen waren schon immer seine Ressourcen für außergewöhnliche Gerichte. Gerade hier in der Region Rheinhessen waren Wildkräuter ein wesentlicher Teil der Ernährung oder als Heilmittel. Erst mit der Kultivierung einiger Pflanzen, die dann Grundnahrungsmittel wurden, ging die Verwendung von gesammelten Kräutern zurück. Dadurch verschwand aber auch Vielfalt in unserer Ernährung und nicht zuletzt eine Vielfalt an natürlichen sekundären Pflanzenstoffen, die für unsere Gesunderhaltung förderlich sind. Falk zeigt mit Hingabe auf, dass es immer noch viele Wildkräuter gibt, die unseren Gaumen bereichern. Gundermann, Brennnessel, Schafgabe, Knoblauchsrauke oder zahlreiche Arten von Kresse füllen seine Kreativwerkstatt.
Für Falk Richter gehören Wildkräuter ebenso zum Kulturgut wie auch die Musik. Hier gern auch Metal, was sich wie die Waldkräuter in vielen alten Geschichten, Mythen, Märchen, Gedichten und Liedern ausdrückt.
Am Abend empfängt und fasziniert eine stilistisch innovative Erlebnissphäre des vorzüglich geführten Wild.Fein! Definitiv ist Falk Richter ein bodenständiger wie auch ehrlicher Aromenzauberer, welcher den teils filigranen Spannungsbogen der Geschmacklichkeit perfekt beherrscht. Er ist weit weg vom Mainstream oder von Abgehobenheit. Höchste Qualität und Güte bei der Auswahl seiner Produkte sind die Pflicht, deren formvollendete Umsetzung die Kür. Beides erfüllt er und sein Team aus Berufung und Leidenschaft. Bei jedem Gang fasziniert er in der Verarbeitung und im Design mit typischen und außergewöhnlichen Zutaten aus der Region. Alle seine Kunstwerke sind so verarbeitet, dass diese ihren kräftig-natürlichen Geschmack unverkennbar behalten und auch unverwechselbar kombiniert sind. Mit jeder neuen Kombination der zahlreich aufeinander abgestimmten Gänge unterstreicht er sein formidables Können und seine Spielkunst, die kulinarischen Genusswelten meisterlich zu inszenieren, ohne die Aromencharaktere zu vernachlässigen. Es ist mehr als nur ein einmaliges Erlebnis für Gaumen und Augen. Es ist eine feine Spielkunst auf allen Positionen der Sinne.
Der dreifache Familienvater war nie schaffensmüde, sondern schaffenswild und sehr kreativ. Dank dem Gottvertrauen und der Zuversicht seiner Frau kann er frei sowie auch innovativ gestalten und entdecken. Es gibt noch immer zahlreiche wie auch kreative Herausforderungen. So darf es demnächst – sofern es die Druidenstube zulässt – auch mal Pasta mit dem Mehl der Birkenrinde sein.
Der formidable Apero des Menüs – eine Brennnesselsuppe mit Wildsamen und Reh-Tatar, bereichert mit einer Nuance schwarzer Johannisbeere – macht natürlich Lust auf mehr Genuss. Der sehr zarte Saibling schmiegt sich ganz gemütlich an Petersilienwurzel, einen Touch Apfel und intensiv wie auch frischen Kohl.
Ein kleiner Sidestep durch die feine Kultur der Gemüseküche: Auberginen mit feinem Miso, etwas Quinoa und Cashew haben sich wahrlich gelohnt.
Hier im Wald.Fein bestimmt der Gast den Takt und wird nicht vom überaus freundlichen Serviceteam taktiert oder gesteuert. Alles ist genüsslich, ist von sensibler Feinheit bereitet, dass wir nie die Fülle des Magens spüren. Die Sinne sind es, welche eine Pause einfordern, da sie fast in ein Meeresrauschen geraten. Und zum Schluss: Ein kunterbuntes Honig-Crème-brûlée mit Walnusseis. Chapeau!
Völlig eingenommen vom Facettenreichtum der Aromen und Konsistenzen lasse ich mich von einer Riesling-Auslese und einem perfekt aufgelegten Service auffangen. Es sind Ausnahmeerfahrungen wie dieser Abend bei Falk Richter, die Gäste aus aller Welt in die romantische Naturlandschaft oberhalb von Kiedrich pilgern lassen. Chapeau, Chapeau dem Meister. Chapeau dem Team!
Restaurant Wald.Fein / Am Hahnwald 1, 65399 Kiedrich