Rheinhessen. Die Sinne mal auf Explosion gedreht – Jochen Dreissigacker

Wenn der leichte Nebelschleier am Morgen den ersten Sonnenstrahlen die Bühne überlässt und die sanften Hänge ihre Hände öffnen, dann hat der Geyersberg seinen schönsten Auftritt. Und ab und an ziehen die Namensgeber ihre Kreise über die sanften Hügel bei Bechtheim, ganz so, als würden sie diese nach Süden ausgerichtete Weinlage beschützen. Immerhin ist diese unvergleichbare Rieslinglage eine der besten Lagen in Rheinhessen. Verwitterte, karge und warme Kalksteinböden sowie mittelschweren Lößlehmböden in Kombination mit einer einzigartigen Klimatik legen den Grundstock für große Weine mit Charakter.

Häufiger als so manche Greifvögel streift Jochen Dreissigacker mit Argusaugen durch seine Weinberge am Geyersberg. Aufmerksam, unermüdlich, auch mal misstrauisch und stets in Fürsorge für das edle Gut. Die Trauben in dieser Lage sind klein und bekommen dadurch eine intensive Mineralität. Hieraus entstehen schließlich ganz ausgezeichnete Rieslinge wie sein „2012 Bechtheimer Geyersberg Riesling trocken“. Fürsorglich, kompromisslos und per Hand werden die Trauben in mehreren Durchgängen von den 35 Jahre alten Reben gelesen. Wie draußen im Weinberg geht es auch drinnen im Weinkeller zu. Das Lesegut wird bedächtigt angemahlen und darf sich dann einige Stunden im eigenen Saft ausruhen. Bevor dieser grandiose Riesling abgefüllt wird, erfolgt eine sorgsame, acht-wöchige Gärzeit mit traubeneigenen Hefen und ein 9-monatiges Hefelager. Und dann… irgendwann… ein gewaltig-besonderer Moment für diesen Spitzenwein. Im

Glas schimmert helles Gelb und verzückt die Nase mit exotisch-gelben Früchten, Holunderblüten gepaart mit einer fein-würzigen Note. Im Gaumen wird die grandiose Kraft und Saftigkeit eines Rieslings der Spitzenklasse spürbar. Dieser Wein, mit seinen dezenten Fruchtaromen nimmt ein, nimmt gefangen und macht ganz viel Lust auf mehr. Auf mehr Jochen Dreissigacker. Auf einen Weinkreateur, welcher keine Kompromisse kennt, wenn es um höchste Qualität geht und einem Typen, der die Jonglage von Zahlen ebenso kennt wie die tägliche Auseinandersetzung mit der Wetterlage um das beschauliche Bechtheim. Bevor er konsequent seine Winzerlehre durchzieht, lässt er sich auf eine erfolgreiche Lehre bei einem Steuerberater ein. Nach der Ausbildung zum Winzer in den VDP-Weingütern Klaus Peter Keller in Rheinhessen und Rainer Bergdolt in der Pfalz dreht er den seit 1728 bestehenden Familienbetrieb einfach mal von links nach rechts oben auf eine biodynamische Zukunft und platziert das Weingut bereits nach wenigen Jahren in der Champions- league großer Weingüter. Mutig mit einer satten Spur Konsequenz, ohne Wenn und Aber, geht er akribisch den Weg zur Spitzenqualität. Sein Wein lässt ganz klar und unverwechselbar die Lage erkennen. Das ist eben die Kunst großer Weinmacher. Der zweifache Vater genießt Familie, aber auch das Reisen. Ständig auf der Suche nach neuen Feinheiten aber auch mal ganz gern in Harmonie zuhause. Umtriebig und ein Ruhepool zugleich. Kein Wiederspruch, denn so ist doch auch das Leben. Nur im Fass schenkt er seinen Weinen die nötige Ruhe, die sie zur optimalen Reife benötigen.

Viel Ruhe und Gemütlichkeit strahlt auch einer der besten deutschen Weinbergslagen oberhalb von Westhofen aus. Hier entwickelt sich ein weiterer großer Wein von Jochen Dreissigacker: der „Morstein Riesling trocken 2013“. Im Glas goldgelb. Die Nase wird erfasst von gelber Frucht, einer feinen Note von nussigen und zart rauchigen in Begleitung einer mineralischen Struktur und leicht salzig-erdigen Aromen. Seine trockene, fruchtige Kraft betört die Zunge mal rau, mal pelzig… eine gewaltige Astringenz. Eine wahrlich perfekte Dosis und in guter Balance mit Fruchtigkeit und Säure, gibt dem Wein Struktur und Fülle. Im Abgang faszinierend lang und von einer elegant feurigen Aromatik. Wahnsinn!!!

Die Weine von Jochen Dreissigacker sind definitiv große aber auch nicht jedermanns Weine. Sie bestechen auf großer Bühne, sind nie im Mainstream und definitiv nicht stereotyp. Ihre Eigenständigkeit und ihre Persönlichkeit stehen ihnen gut. Mutig und feinfühlig von Jochen Dreissigacker kreiert und darauf aus, die Sinne in Unruhe zu bringen um am Ende die Seele in Zufriedenheit zu wiegen.

Weingut Jochen Dreisigacker / Untere Klinggasse 4, 67595 Bechtheim / 06242 2425

https://dreissigacker-wein.de

Rheinhessen. Des Teufels Seelenheil – Weinmacher Gebrüder Braunewell

Ach neee! Hinterland ist hier schon lange nicht mehr gewesen und wird sicherlich auch nicht mehr sein. Es hat sich verzogen ohne die Tür zu öffnen für laut, gekünstelt oder gar gewimmelwichtig. Es herrscht hier das vorzüglich-genüssliche Gegenteil vom Gewimmelland. Im Selztal lebt das neue rheinhessische laissez- fair mit einer satten Spur von tiefenentspannt. Herzlichkeit ist hier ebenso Programm wie außergewöhnliche Weine und ganz besonders…. kreative Weinmacher, die ab und an auch mal gern über den Tellerrand klettern, Ideen sammeln, Spannendes einpacken und ihrer Experimentierfreude freien Lauf lassen.

 Solche Typen sind die Brüder Stefan und Christian Braunewell. Weinmacher par excellence, bodenständig, authentisch und mit einer satten Portion vinelogischer Intelligenz ausgestattet.

Schlau waren die Essenheimer schon immer. So muss doch bitteschön und unbedingt erwähnt werden, dass seit den 70ern eine enge Gemeindepartnerschaft mit Boursault in der Champagne besteht. Schloss Boursault ist Sitz von Veuve Clicquot. Und spätestens bei meiner ersten Begegnung mit dem „2014 Pinot Prestige Brut Nature“ ist mir klar, warum sich die lieben Freunde aus der Champagne demütig vor den Gebrüdern Braunewell verneigen, denn dieser Sekt ist definitiv vergleichbar mit den hochpreisigen Jahrgangschampagnern aus dem Hause Veuve Clicquot. Die Trauben für diesen Wein stammen aus dem ersten Lesedurchgang unserer Grauburgunder und Spätburgunder Lagenweinparzellen. Im Glas eine sehr feine Perlage eines trockenen Sektes wie aus dem Bilderbuch. In der Nase tänzeln Aromen von Äpfeln und Mandeln mit einer feinen Nuance Balsamico. Am Gaumen gesellen sich Sauerkirschen und Birne dazu und lassen Genießerherzen höher schlagen. Das zarte Prickeln am Gaumen rundet den Wohlgenuss ab. Im ansprechenden Abgang läuft dieser Klassiker zur Höchstform auf und präsentiert sich äußerst charaktervoll und perfekt balanciert. Individualistisch, charakteristisch, eigenständig, außergewöhnlich. Großes Theater!

Apropos Experimentierfreunde! „2016 Pétillant naturel. Sylvaner brut nature“. Genial hoch drei! Für diesen grandiosen Sekt haben die Jungs Sylvaner als Orange Wein auf der Maische vergoren und trüb versektet. „Amoureusement fou“… würde Madame Clicquot sagen. In der Tat sind die beiden Brüder liebevoll verrückt gepaart mit herzlich viel Charme, mit viel Streben nach höchster Qualität. Ihnen gelingt es mit ihrem Reichtum an Wissen nahezu perfekt, den geänderten Klimabedingungen zu begegnen und aus der Vielfalt ihrer Böden das Optimum zu schöpfen. Auch wenn beide mit Erfolg ihr Studium in Geisenheim abgeschlossen haben und ihre Nasen in Bordeaux und der Wachau sensibilisierten, sind sie doch eher solide und geistreiche Handwerker mit viel sonnigem Gemüt, die darum wissen, wie wichtig die Arbeit an den Grundlagen im Weinberg ist. Gerade hier im Selztal ist es eine Verpflichtung, aus dem unverwechselbaren Terroir charakterstarke Weine zu gestalten. Ein naturnahes Weinbergsmanagement, individuell die Zeit der Reife steuern und durch intelligent-sensiblen Beschnitt Gehalt und Dichte des Weins zu bestimmen. Letztlich ist die Besinnung auf eine natürliche Weinbereitung ein Garant für Charakterweine mit Ecken und Kanten höchster Qualität.

Einer der besten und ältesten Weinberge der Braunewells ist der Essenheimer Teufelspfad. Durch den hohen Kalkgehalt und die Höhenlage im kühlen Norden von Rheinhessen reifen die Trauben zwar optimal, aber spät aus, was zu sehr komplexen und finessenreichen Weinen mit schmeckbarer Säure und kantigem Körper führt. Hier wurzeln auch Braunewells teuflisch-prächtige Grauburgunderbeeren. Der „Teufelspfad Grauer Burgunder trocken 2017“ repräsentiert mit einer saftigen Aromatik in der Nase diese Lage. Die Nase wird gefangen von gelben Früchten, feiner Melone gepaart mit kräutrigen Anklängen. Der Gaumen wird überrascht mit geballten und sehr tiefgründig-nussigen Aromen. Ein wuchtiger Wein mit einer tollen Würze mit einer himmlischen Note und ganz weit weg vom Teufelsrevier! Im Abgang eine schön-gehaltvolle Länge die final der Seele eine angenehme Zufriedenheit schenkt.

Der Teufel verneigt sich vor dem Himmlischen. Ich mich vor den Brüdern Braunewell.

Weingut Braunewell / Am Römerberg 34, 55270 Essenheim / 06136 9999100

https://braunewell-wein.de

Rheinhessen. Einfach ist woanders. Weine mit Persönlichkeit bei Katja und Jens Bäder

Wer die Autobahn 61 Richtung Westen verlässt und auf der ehemaligen Bergrennstrecke an Wendelsheim vorbeibraust, verpasst die genussvollen Seelenschmeichler. Es lohnt sich einfach mal drei Gänge runterzuschalten, Autotüren öffnen und einfach mal innehalten, tief einatmen und eintauchen in eine Welt, die ganz schön fern ist vom Wimmelwichtig-Land hinter den Bergen. Eintauchen in die Welt von Katja und Jens Bäder. Eintauchen in die Genusslandschaften leidenschaftlicher Biowinzer mit der Peilung auf das Lebenswerte mit ganz viel Zukunft.

Meine erste Begegnung mit diesen Bäders zu ihrem Hoffest war brachial-prächtig und ach so schön genüsslich. Katja und Jens fangen völlig ungeniert und ohne Tamtam mit ihrer lebendig-herzlichen Art Seelen ein und geben ihnen eine neue Leichtigkeit.

In Geisenheim beim Studium haben die beiden sich gefunden und ganz sicher nicht nur über die Liebe, sondern auch über die Zukunft des biologischen Weinbaus philosophiert. Katja, eine ehrliche Frohnatur mit einer satten Lust auf Weinbau und der bodenständige Winzersohn Jens, dessen schiere Lust auf Neues in der Weinwelt durch Katja entfacht wurde. Folglich haben sie die Hosen stramm gezogen, Ärmel hochgekrempelt und vor knapp 10 Jahren ihr eigenes Weingut gegründet. Und weil die Welt auch komplizierte Ecken hat, wurde in Wendelsheim ein recht alter Hof mit markigen Verfallsspuren und zahlreichen Falten übernommen. Dazu zweieinhalb Hektar Rebland als Startkapital, reichlich Begegnungen mit Baumärkten und viel Lust auf Familienbande.

Wer die Bäders heute besucht, wird begrüßt von einer lebendig-liebenswerten Welt eines jungen Familienweingutes, denn beiden ist es gelungen, neben den anstrengenden Umbauarbeiten, den Aufbau eines neuen Weingutes und zwei Kinder in ihr leidenschaftliches Leben einzufügen.

Ihr Ziel recht bald 10 ha zu bewirtschaften haben sie fast erreicht. Das Ziel biodynamischer Weinbau für gewagt markante trockene Weißweine weitab des Mainstreams zu gestalten ist ihnen ausgezeichnet gelungen. Und wer die Bäders näher entdeckt wird verstehen, dass ihnen die Lage La Roche oberhalb von Uffhofen besonders gut steht: trockenes warmes Klima, steil-südexponierte Lage, mineralisch, komplex, vielschichtig. Gerade in dieser Lage mit seinen verwitterten Sandsteinböden, entstehen Hammerrieslinge. Die Trauben werden in zwei Durchgängen gelesen. Hieraus ergab sich in perfekter Harmonie frisches und knackiges Lesegut mit reifen und tiefgründigen Aromen. Draußen im idyllischen Garten mundet der äußerst filigrane „La Roche Riesling trocken 2016“ besonders. Ansprechende Aromen von Zitrusfrüchten, knackiger Birne und Kräutern verwöhnen die Nase. Am Gaumen ist dieser Weißwein leicht saftig und lässt eine exzessive Mineralität erkennen.

Eine weitere großartige wie auch herausfordernde Lage ist der Heiligenpfad in Wendelsheim. Schwarzes vulkanisches Gestein – Melaphyr. Kühl, karg, steinig, südexponiert. Hier entsteht der Heiligenpfad – Frühburgunder trocken. Die kleinen und violetten Trauben des Frühburgunders sind etwa zwei Wochen früher als der Spätburgunder reif und haben reinsortig eine helle Färbung. Auch geschmacklich kommt der Frühburgunder gegenüber dem Spätburgunder etwas geschmeidiger mit einer moderaten Säure daher. Sein samtig weiches Tannin und seine intensiv-ansprechenden Fruchtaromen nach Kirsche, Brombeere und Cassis gepaart mit einer Würze, welche an Minze wie auch Lakritze und Rauch erinnert machen diesen Wein zu einem liebenswerten Seelenschmeichler.

 Die Weine von Katja und Jens Bäder haben Persönlichkeit und lassen erkennen, dass guter Wein definitiv keine Glücksache ist, sondern großes und facettenreiches, demütiges Handwerk mit einem Touch Mut für Herausforderungen. Und letztlich ist guter Wein auch Impulsgeber für viele und besondere Begegnungen mit lieben Menschen und schönen Naturlandschaften.

Weingut Jens & Katja Baeder / Unterwendelsheim 15, 55234 Wendelsheim

http://www.weingutbaeder.de

Fotos: Alex Habermehl

Rheinhessen ! Weine zwischen den Welten – Tobias Knewitz

Hier oben tänzelt die Sonne den Appenheimern auf der Nase herum und macht es sich fein gemütlich. Im 14. Jahrhundert wurden für diese sonnige Spitzenlage bereits hohe Beträge an Goldgulden bezahlt, weshalb sie nun den Namen Hundertgulden trägt.

Die „Grand-Cru-Lage“ Hundertgulden, mit fünfzig Millionen Jahre altem tertiärem Kalkstein, ist ideal für große Rieslinge, die mit gewaltiger Energie und kräftiger Mineralität glänzen. Es sind Weine, die sehr komplex daherkommen und mit einer lebendigen Frische faszinieren. Hier oben gedeihen die über 20 Jahre alten Reben von Tobias Knewitz. Hier oben entstehen grandiose Weine für die großen Bühnen der Weinwelt. Ein Grandseigneur ist defintiv der 2017 Knewitz Hundertgulden Riesling. Hellgelb glänz er im Glas, die Nase empfängt in Ehrfurcht ein Aromenspiel von Aprikose, Pfirsich und grünem Apfel gepaart mit einer feinen Note Honig. Herrlich frisch, leicht honigartig, tapeziert er den Gaumen mit einer fein-pikanten Säure.

Der Dirigent solcher großen Weine ist Tobias Knewitz. Jung, lebendig und sonnenfroh kommt er über den Hof. Ganz so als gehöre er hier nicht dazu. Ungezwungen und weit weg vom kunterbunten Wichtigsein. Seine sensible Handwerkskunst hat er sich bei den Pfälzer VDP-Künstlern Philipp Kuhn und Martin Meßmer angeeignet und folglich auch das Streben nach animierenden, lebendigen Weinen, die jeweils ihre Herkunft und den Boden, auf dem sie wachsen, widerspiegeln.

Seine großen Weine, seine Lagenweine der höchsten Qualitätsstufe, entstammen alten Reben in sogenannten Grand Cru Lagen des Welzbachtals. Es sind Weine mit verdammt viel Charakter, die unverfälscht und sehr authentisch jede Lage für sich widerspiegeln. Gerade im direkten Vergleich der Rieslinge aus dem Hundertgulden, Goldberg und Steinacker wird deutlich, wie markant die Herkunftsunterschiede dieser Weine sind. Seine Weine sind zeitlos-markant. Sie entstehen im Weinberg und in traditionellen großen Holzfässern. Hier bekommen sie viel Zeit und Aufmerksamkeit, damit sie in Ruhe zu ihrer wahren Größe, Komplexität und Individualität finden.

Die Wurzeln des 2017 Riesling Goldberg trocken haben sich in den letzten 20 Jahren recht tief in den Kalkmergel geprägten Boden gegraben. Folglich wird die Nase von gelbfruchtigen Noten wie Birne, Aprikose, Quitte und Nektarine umschmeichelt. Am Gaumen gesellen sich ganz charmant leichte Noten von reifem Pfirsich und Aprikose mit zart-kräuterigen Anklängen von Salbei und Lorbeer dazu. Ein großer Wein! Komplex, lebendig mit großem Reifepotential.

Tobias Knewitz gepaart mit viel Familiensinn gestaltet mit Bruder Björn und Vater Gerold authentisch-unverfälschte wie auch feinhandwerkliche Weine. Wein ist ganz viel Leben im Familienbetrieb, welchen sie mit Achtsamkeit und im Einklang mit der Natur pflegen. Gesunde Böden sind Voraussetzung für gesunde Pflanzen und somit ist der biodynamische Anbau eine ganz große Herzenssache.

Im Mittelpunkt ihres Wirkens stehen zu zwei Drittel die traditionellen Rebsorten Riesling und Weißburgunder. Mit diesen Reben und den kraftvollen Weinsorten ist Tobias groß geworden. Sie sind so wie auch er, geerdet, authentisch und mit ganz viel Tradition behaftet. Gerade der Riesling spiegelt sehr präzise und klar den Boden, das Klima, die Ausrichtung und Neigung der Weinberge, den Wetterverlauf und somit den Jahrgang.

Trotz Vielfalt und Individualität im Ausbau lässt der Riesling seinen wahren Charakter erkennen. Er ist … wie auch Tobias Knewitz wuchtig und auch mal charmant, manchmal schwer und dennoch elegant und lieber woanders als im Vordergrund.

Es sind Typen wie Tobias und Björn, die Rheinhessen fit für die Zukunft machen und in der Weinwelt definitiv Ausrufezeichen setzen.

Weingut Knewitz / Rheinblick 13, 55437 Appenheim / 06725 2949

https://www.weingut-knewitz.de

Pfalz! Stilsicher und ganz weit weg von laut – Sabine Ohler-Jost

Bedächtig, besonnen und auf der großen Bühne kann sie allemal. Stilsicher und ganz weit weg von laut spielt sie gerne die leisen, die sanften Töne und lässt ihre Weine bei den Großen mitspielen. Mit brachial-liebenswerter Leidenschaft kreiert sie Weine, die überzeugen und auch mal die Sinne in Verzückung bringen. Sabine Ohler-Jost prahlt nicht mit Werten und Tradition, diese sind doch längst in ihrer Seele verankert. Und… sie hat früh gelernt, dass der Blick über den Tellerrand seit mehr als 250 Jahren eine lebenswert-kultivierte Tradition ihrer Familie ist.

1758 begann mit Johann Michael Ohler die Weinbautradition in Gimmeldingen. Seit dieser Zeit ist das Weingut im Familienbesitz. 1997 übernahm Sabine Ohler-Jost das Weingut mit einer geballten Portion Tradition und gibt ihm einen neuen Touch, eine neue Zukunft und auch ein Stück neuen Lebensgeist. Was bleibt ist der An- und Ausbau hervorragender Rieslinge und Burgunderweine.

Im jahrhundertalten Fasskeller rückt sie die Tradition ein wenig zur Seite, bereichert ihn mit neuen Fässern, denn all ihre Ideen brauchen Platz und ganz viel Zukunft. Mit einem sanften Lachen und ihrer auffällig-charmanten Bescheidenheit lässt mich Sabine Ohler-Jost wissen, dass sie gute, ehrliche und sehr authentische Weine mit starkem Charakter machen möchte. Ihre Liebe zu großen und einzigartigen Weinen motiviert sie jedes Jahr aufs Neue. Meine ersten Begegnungen mit ihren Weinen lassen erkennen, dass „Gut“ woanders ist, nur nicht hier. Ihre Weine sind großartig, fein und stilsicher ausgebaut. Sie haben einen ganz eigenen Charakter mit großem Terroirbezug und hoher Güte.

Ihre Rebflächen in Gimmeldingen, Königsbach und auch Mußbach hat Sabine Ohler-Jost sehr sensibel im Blick. Step by step stellt sie gerade um auf Biodynamik und widmet sich sehr intensiv der Nachhaltigkeit. Nachhaltig mit Blick auf das Wesentliche und einer sensiblen Handarbeit möchte sie die Zukunft gestalten. Im Einklang mit der Natur zu arbeiten ist für Sabine Ohler-Jost eine bedingungslose Selbstverständlichkeit. Und klar: Nachhaltigkeit ist letztlich eine Grunddisziplin – in jeder Beziehung. Das betrifft Weinberge und Boden genauso wie die Beziehungen zu ihren Kunden.

Und wieder nimmt mich ihr herzliches und dennoch bescheidenes Lachen mit auf eine Genussreise. Im Glas tänzelt gelbfruchtig der 2018 „Aus den Gärten“ Riesling trocken. In der Nase die Begegnung mit gelber Frucht, etwas Pfirsich, einer sanften Zitrusnote und einen Touch Minze. Ganz gern verweilt dieser Riesling noch etwas im Gaumen, denn dieser mag ungern loslassen.

Ein echter Korkknacker ist ihr genial-guter Sekt aus Chardonnay und Spätburgunder. Hier lässt sie keine Kompromisse, kein Wenn und Aber oder doch, zu. Der Chardonnay-Spätburgunder brut in aufwändiger Handarbeit nach der Mėthode traditionelle gestaltet, hat bereits zwei Jahre Hefelager genossen. Der Gaumen wird bereichert von edler Würze, fein-gereifte gelbe Frucht, zartem Schmelz. Das weinige Mousseux und die aromatische Textur führen in ein klares und langanhaltendes Finale. In der Tat… ein großes Finale. In der Tat… Sabine Ohler-Jost ist ein liebenswerter Charakter.

Sabine Ohler / Meerspinnstraße 33, 67435 Gimmeldingen / 06321 6116

https://www.weingut-ohler.de

 

Mallorca! Die satten Klänge von Lebensfreude – Bodegas Ribas

Mallorca lässt sich auch vorzüglich trinken. Seit einigen Jahren setzten insbesondere ausländische Investoren mit viel Gespür auf das „rote Gold der Insel“. Seither boomt der Weinbau auf Mallorca. Ausgezeichnete Weingüter mit viel Tradition haben zudem in den letzten Jahren verstärkt auf hohe Qualität gesetzt, welche die Weine der Insel wieder auf die internationalen Bühnen bringt.

Die naturgegebenen landschaftlichen und klimatischen Voraussetzungen für den Weinbau auf Mallorca – von hervorragend, bis extrem – ermöglichen es den Weinmachern, charaktervolle und charakteristische Weine in ihren Kellern reifen zu lassen.

Der Weinbau auf Mallorca hat eine sehr lange Tradition, welche weit in das Mittelalter zurück reicht. Heute präsentieren sich rund 2.500 Hektar Weinreben der Sonne und weiten sich rasch aus. Zahlreiche neue Weingüter mit neuen Ideen und Kreationen entstehen. Traditionalisten treffen auf Modernisten. Bewahrer kultivieren mit viel Stolz typisch mallorquinische Rebsorten. Andere Weinmacher setzen hingegen auf internationale Klassiker wie Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot.

Mallorcas Weinkosmos befindet sich in der Inselmitte zwischen Palma und Inca. Seit über 300 Jahren wird in Binissalem, Consell und Santa Maria mit sensibler Handarbeit Weinbau noch klassisch und traditionell betrieben. Hier arrangieren sich die Weinreben gern zwischen Mandelbäumen, Zitronenbäumen und Orangenbäumen.

Das Land- und Weingut Finca Ca‘n Ribas, in der Gemeinde Consell, blickt auf eine lange Familientradition zurück. 1711 begann Pedro Ribas de Cabrera mit dem Bau einer Bodega. Die Familie Ribas widmete sich seit jeher dem Anbau der auf der Insel traditionell genutzten Kulturpflanzen wie Wein und Oliven. Die ursprüngliche Bodega ist im Laufe der letzten 20 Jahre modernisiert und renoviert worden, um die Prozesse der Weinbereitung zu optimieren. Die alte Mühle, in der früher das Öl hergestellt wurde, ist zum Lagerraum für 250 Barriques-Holzfässer aus hochwertiger Eiche umgewandelt worden.

Noch immer verzichtet das Traditions-Weingut auf Hightech und unzähligen Pülverchen im Weinkeller und bewirtschaftet die knapp 40 Hektar eigene Weinberge ohne chemische Zusätze für dieses oder jenes Problem im Weinbau. Hier werden die Weine und Moste nicht geschönt, sonder diese sind von Natur aus schön. Die Weinbereitung erfolgt in einer Kombination aus traditionellen Weinbaumethoden gepaart mit Kreativität. Sorgsam setzt das Weingut auf Innovationen, welche dem Streben nach stetiger Verbesserung keine Grenzen setzt. Hierbei steht die Einführung von internationalen Rebsorten, die insbesondere einheimischen Sorten optimal ergänzen, in direkter Verbindung mit dem Projekt zur Rückgewinnung und zum Wiederanbau von anderen, beinahe vergessenen einheimischen Rebsorten.

Die Weinberge des Hauses Ribas, von denen gesagt wird, sie seien die ältesten auf Mallorca, werden nicht bewässert und nur spärlich gedüngt. Die Rebstöcke besitzen lange Wurzeln, die die Nährstoffe in der Tiefe des Muttergesteins suchen. Der charakteristische Boden dieser Weinberge ist in den Weinen deutlich wahrnehmbar. So sind die mineralischen und balsamischen Noten sowie die rote Frucht leicht im Bukett zu erkennen. Ein kräftiger, körperreicher, geschmackvoller Wein, mit edlen Tanninen und ausdrucksvollen Fruchtaromen.
Die heutigen „Weinmacher“, drei Nachfahren von Pedro Ribas, versuchen sein Werk entsprechend seiner Lebensauffassung, die vor allem der Achtung der Tradition sowie der Liebe zu einer rundum guten Arbeit geprägt war, fortzuführen.

Die „Alma Mater“ – die Seele dieser Bodega, María Antonia Oliver, führt die Arbeit ihrer Vorfahren weiter und bringt dazu noch ihre eigenen Ideen zur angestrebten Vervollkommnung ein.

Araceli Servera hat ihre Ausbildung in Önologie an der bekannten Universität Rovira i Virgili in Tarragona und in Chemie an der Universität Barcelona abgeschlossen und ist mit ihren 31 Jahren bereits eine der erfahrensten Önologen der Balearen. Sie arbeitete in Weingütern mit internationalem Ansehen und höchstem Niveau wie Clos Mogador, Clos Erasmus bzw. Mas Martinet im Priorat (Katalonien), Achával-Ferrer in Mendoza (Argentinien) und Harlan Estate in Napa Valley (Kalifornien).

Xavier Ribas folgte dem Beispiel seiner Schwester Araceli. Er absolvierte ein Biologiestudium an der Universität Barcelona und schloss daraufhin seine Ausbildung zum Önologen an der Universität Rovira i Virgili in Tarragona ab.

Bekannt für seine Willensstärke und seinen Perfektionismus arbeitete er zusammen mit Weingütern verschiedenster Regionen und mit unterschiedlichsten Philosophien, wie etwa Mas de la Dame in der französischen Provence, Vins Jean Luc Colombo und Domaine de Rochepertuis in Cornas (Côte de Rhône, Frankreich), Independent Winemakers (Marlborough, Neuseeland) und Achával-Ferrer in Mendoza (Argentinien). Außerdem besucht er regelmäßig Weingüter in Südafrika, Kalifornien, Deutschland und Italien, um seine Kenntnisse stets zu erweitern.

Bodegas Ribas überzeugt mit Weinen aus den weißen Rebsorten Prensal Blanc, Chardonnay, Viognier und Moscatel und den roten Rebsorten: Mantonegro, Gargollassa, Callet, Garnacha, Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot. Beachtlich ist das Alter der Reben: 45 Jahre bei einheimischen und 20 Jahre bei internationalen Rebsorten.

https://bodegaribas.com/de/bodega/

Bergstraße! Naturschützer, Weinmacher und ein gewaltig-cooler Typ – Jörg Clauer

Die Sonne löscht gerade die letzten morgendlichen Nebelschwaden in den Hängen des Königstuhls über Heidelberg und setzt das Schloss in Szene. Die herbstlich bunte Naturlandschaft breitet kunstvoll ihr buntes Gefieder aus und ein leichter Duft von Herbstlaub zieht durch das Neckartal… Glück hat… wer hier lebt und mit der Natur arbeiten darf.

Glück hat auch, wer dem leidenschaftlichen Weinmacher Jörg Clauer begegnet. Ganz schnell wird man eingenommen von Jörgs lebensfrohem, offenherzigem Temperament. Der warm-herzliche Händedruck vermittelt Vertrauen und ganz schnell wird klar: Jörg Clauer ist ein geerdeter, authentischer Charakter. Ohne Chichi, ohne Wenn und Aber, weit weg von Schickimicki. Ein cooler Typ eben!

Ebenso ehrlich wie auch demütig führt er gemeinsam mit seiner Frau das Weingut in herrlicher Lage im südlichen Heidelberg. Und wenn dann die Sonne wieder einmal ihre quecksilbernen Schlieren in den Morgentau malt, lässt es sich vorzüglich über Glück und über Reichtum philosophieren. Manchmal natürlich auch verzweifeln. Doch beides macht eben das Leben aus. Beides hat Jörg Clauer für sich kultiviert und beide Seiten braucht er, um das Leben zu spüren. Mit herzlicher Leidenschaftlich setzt er sich mit Menschen ebenso wie mit der Kultur des Weinbaus und des Naturschutzes auseinander. Sein Charme, sein Witz, sein Menschsein, seine schiere Lebensfreude gepaart mit einer brillanten Portion Zuversicht stehen ihm gut und lassen sich vortrefflich als Reichtum verbuchen. 

„Ein fettes Stück vom Glück“

Auch seine Weinberge, in besten Lagen der Universitätsstadt Heidelberg, lassen sich als großer Posten auf der Habenseite verbuchen. Seine schönste Reblage liegt auf der brachial-schönen Sonnenseite mit Blick auf das Heidelberger Schloss und über der vom vornehmen Reichtum gespickten Villenlage am Neckar. Doch auch Goethe, welcher diesen Weinberg als den schönsten Weinberg in Deutschland bezeichnete, konnte nachempfinden, dass Reichtum auch verpflichtet und auch harte Arbeit bedeutet. Reichtum wie auch Glück braucht letztlich viel Aufmerksamkeit, will gepflegt und kultiviert sein und kann auch ganz schnell den Philosophenweg hinunter in den Neckar laufen und dort versinken. Folglich beginnt bei Jörg Clauer die Weinqualität im Weinberg und erfordert sensible Aufmerksamkeit, intensive sowie sorgsame Pflege der Weinberge bis hin zur selektiven Lese. Ein schonender Kellerausbau bringt Weine mit großem Reifungspotential und ganz viel Charakter und Authentizität hervor.

Jörg Clauer weiß sehr genau, was er gut kann, und setzt gezielt seine Schwerpunkte: Riesling, Grauburgunder, Chardonnay und vor allem Sauvignon Blanc. In seinem Sortiment ist für jede Vorliebe etwas dabei. Mal fruchtig-knackig, mal laut, mal fein und leise, auch mal dezent schmelzig mit einer satten Holzfass-Reife. Klar! Seine Weine zeigen einen kraftvollen, aromatisch sehr authentischen Sortenausdruck und ganz viel Charakter.

Im Glas glänzt nun zart-gold der „2018 Riesling Spätlese“ aus der sonnenverwöhnten Lage „ob der Bruck“ gegenüber vom Heidelberger Schloss. In der Nase vereinen sich Nuancen von gelber Frucht mit leichten Anklängen von leicht cremiger Vanille sowie einem Touch Zitrone. Ein Riesling welcher weit weg ist von typisch. So wie Jörg Clauer. 

Beim „2018 Riesling Kabinett“ aus der Lage Dormenacker wird die Nase von einem frischen Duft reifer Früchte wie Mandarine, Orange und Zitrus eingenommen. Der Gaumen wird verwöhnt von einer stoffig-eleganten Dichte und einem langanhaltenden-fruchtigen Schmelz. 

Die wahre Größe eines Weinmachers spiegelt sich ohne Zweifel auch in der roten Eleganz, im Glas der „2016 Spätburgunder trocken, Alte Reben“. Ab der ersten Sekunde während des Einschenkens strömen wunderbare Duftaromen von roten Beeren, saftig-tiefdunkle Kirschen und einem Touch Holzwürze. Im Gaumen eine angenehme Würze und viel Frucht, welche ein gutes, langes Finale einleitet. Dieser Spätburgunder ohne Kompromisse ist ein absoluter Genuss.

Allen Weinen gleich sind ihre Ursprünglichkeit und die bärige Lust aufs nächste Glas und ein Gefühl für die glückselige Leidenschaft der Clauers.

Weingut Clauer / Dormenackerhof 1, 69126 Heidelberg / 06221 382439

Pfalz. Die Geister der Tradition – Oliver Gabel pflegt sie

„Die Welt ist bisweilen ein überraschender Ort und auch mal zwiegespalten“. Diese Stille im Schlossgarten dort oben in Herxheim am Berg ist befremdlich. Selbst der Himmel verneigt sich und zeichnet ein blaues Band in den morgendlichen Nebel. Von hier die Welt betrachten heißt das Leben betrachten. Die prächtigen Blickachsen über die Weinberge bis zum Odenwald und Schwarzwald sind einfach phantastisch. Auch die Weinwelt ist hier zwiegespalten und bietet allerlei Überraschungen. Einige große Namen aus vergangenen Tagen tragen bereits Patina oder sind längst verschwunden. Neue, innovativ-verrückte Weinkreateure polieren bereits kräftig an einer vielversprechenden Zukunft.

Zu ihnen gehört definitiv Oliver Gabel, welcher sich mit all seinem Tun der Tradition des Familienweingutes erinnert und diese mit viel charmantem Enthusiasmus mit Raffinesse und biologischen Feinheiten bereichert. Die ersten Begegnungen mit seinen Weinen lassen eine schier unglaubliche innere Dichte und Energie erkennen. Sie verändern die Klänge in den Sinnen und berühren die Seele.

Tradition wird in Herxheim bereits seit 1200 Jahren gepflegt. So ist es auch eine liebenswerte Tradition, dass man hier oben mit Stolz auf Freinsheim und die Pfalz blickt. Idyllisch lässt sich die Welt mit einem guten Glas Wein auf einer Bank im Schatten kräftiger Kastanienbäume im Schlossgarten genießen. Zu jeder Jahreszeit breitet hier die Landschaft ihre neuesten Patchworkteppiche aus und zaubert neue Farben und Genüsse in unsere Sinne. Ein genüsslicher Höhepunkt ist sicherlich das Herxheimer Sektsymposium „Kurpfalzblick“ im Sommer. Eingefangen zwischen fantastischer Kulisse der 1200 Jahre alten Herxheimer Kirche St. Jakob und der Aussicht über die Rheinebene lässt es sich hier vorzüglich genießen: Sekte, aber auch Weine der regionalen Erzeuger gepaart mit kulinarischen Genüssen. Auch Oliver Gabel präsentiert samt Familie beste Weine und vorzügliche Sekte mit einer fetten Portion Fern- wie auch einem fantastischen Tiefblick. Auch Sekt ist bei den Gabels ein Seelenthema. Mittlerweile haben nicht nur Weinkenner erkannt, dass Sekt aus der Hand Pfälzer Sektkreateure den Vergleich mit Champagner nicht scheuen muss. Im Gegenteil: Champagner kennt jeder, er gilt weltweit als das Luxusgetränk schlechthin. Sekt lässt im Leben besondere Momente erleben. Sekt heißt: Vielfalt, Sekt ist nicht gleich Sekt. Wer nur Supermarkt-Sekt kennt, der mag vielleicht glauben, dass Sekt immer recht ähnlich schmeckt. Wer aber eintaucht in die Welt des Sektes und hinaufsteigt zu den Gabels nach Herxheim, wird schnell mit all seinen Sinnen erspüren, dass es nicht den Sekt gibt, sondern wie auch in vielen anderen Regionen der Pfalz – eine faszinierend-lebensgenüssliche Vielfalt an unterschiedlichen Typen und Stilen. Sekt ist auch frisch und leicht, aber auch füllig und kraftvoll, so wie hier bei Oliver Gabel. „Blanc de Blancs Nature, Sekt Brut“! sorgt für herrliche Sinneswehen. Ein feiner Weißburgunder-Sekt wie aus dem Bilderbuch. Die Stilistik ist näher am Champagner als am klassischen Sekt. Dies wird schon allein durch die Feinheit und Dauerhaftigkeit des Mousseux klar. Das 3-Jährige Hefelager sorgt für eine ausgewogene Ruhe im komplexen wie lebhaft-rassigen Geschmacksbild. Zweifelsohne gehört diesem Sekt, angesichts der hervorragenden Qualität, eine große Bühne und ein besonderer Moment. Eines aber stimmt ohne Einschränkung: Ein großer Sekt passt immer. Ein solcher Sekt ist zeitgemäß, denn der Alkohol ist moderat, liegt meist bei zwölf Volumenprozent. Morgens, mittags, abends! Und… er ist ein ausgezeichneter Essensbegleiter nicht nur für Meeresfrüchte und Fisch. Und… er ist ein ausgezeichneter Aperitif zum Gespräch mit Oliver Gabel über Familie und Tradition.

Oliver Gabel und seine Familie pflegen mit Stolz ihre lange Tradition. Seit über 350 Jahren ist das Handwerk Wein ihr tägliches Thema. Beim Blick in den Keller fällt in den Blick, dass manche der edlen Weine in bis zu 130 Jahre alten Holzfässern reifen. Aber auch kleine neue Fässer werden zur Lagerung für die edleren Weine genutzt, bis der Wein seine vollendete Form erlangt hat. Klar! Die Mikrooxidation, die in den Fässern stattfindet, erfordert viel Übung, eine gesunde Portion Aufmerksamkeit, reichlich Erfahrung sowie eine sorgsame Handlese mit ganz viel Familieneinsatz, schließlich kann großer Wein nur entstehen, wenn alle anpacken.

Oliver Gabel setzt auf Spontanvergärung der natürlichen Weinkeller- und Fasshefen und nicht auf künstlich gezüchtete Hefe. Wein gibt es seit Jahrtausenden, Zuchthefen seit etwa 50 Jahren. Sein Weg führt zurück zu dem, was Tradition im besten Sinne bedeutet. Das Gebinde aus Eichenholz und ein langes Hefelager hat für ihn eine hohe Wertigkeit. Schließlich akzeptiert er den Charakter eines Weins von Anbeginn und gibt ihm viel Raum und Zeit bei seiner Entwicklung. Auch bei der Technik hat er einen sensiblen Geist. Klar! Technik bringt Vorteile, führt mitunter jedoch auch zur geschmacklichen Eindimensionalität. „Man könne nämlich aus schlechten Trauben keinen guten Wein machen – wohl aber aus guten Trauben schlechten“.

Ganz sicher ist die von Gabels kultivierter Rebsorte Lagrein eine gute Traube. Der Urgründer des Weingutes „Caspar Gabel“ war ursprünglich ein Auswanderer aus Tirol, der mit dem Ende des 30-jährigen Krieges seine damalige Heimat verließ. Caspar Gabel suchte im Jahr 1655 sein Glück in der Pfalz und sorgte 13 Generationen später für ein prächtiges Erbe, das noch heute sorgsam gepflegt wird: Olivers Vater legte die Südtiroler Rebsorte Lagrein im Andecken an den Urvater an! Die Trauben wurden behutsam auf traditionelle Weise, nach dem Entrappen eine Kaltmazeration bis sie spontan anfangen zu gären, verarbeitet. Danach durfte sich der charaktervolle Rotwein für 12 Monate in alten großen Barriques aus französischer Eiche entwickeln, bevor er unfiltriert auf die Flasche kam. Im Glas gefällt der 2015er Lagrein durch seine tiefdunkle Farbe mit granatroten Reflexen. Er kitzelt die Nase mit würzig-pfeffriger Note und feinen Aromen von dunklen Beeren und Waldfrüchten. Im Gaumen tänzeln die rustikalen Tannine mit dem fülligen, samtigen Stoff zu einem kräftigen Rotwein, der durch seine elegante Säurestruktur eine faszinierend-schöne Länge gefangen nimmt. Ein Wein mit viel Tiefsinn und hohem Niveau. Ganz so wie sein Macher, jedoch ohne gefällig zu sein. Ich habe enormen Respekt vor Menschen, die solch guten, ungeschönten, Wein machen. Letztlich ist es von großer Wertigkeit, den Charakter der eigenen Weine zu stärken und diesen auch zu akzeptieren. Ich bin mir sicher, dass sich sein Vater wie auch sein Großvater entspannt zurücklehnen und mit Stolz die Weine von Oliver genießen. Ausdrucksstarke Weine vertragen ganz gut einen Typen mit Charakter, einen Typen wie Oliver.

Ach ja… letztlich liegt nun der „2018er Weißburgunder Tradition“ im Glas. Der Stoff aus dem der formidable Sekt gemacht wird und ein Wein, der die Leidenschaft, seines Machers für Burgunderweine erkennen lässt. Die besten Lagen rund um Herxheim, geprägt von kalkhaltigen, teilweise mit Lehm und Ton vermischten Böden sind nahezu perfekt für große Burgunderweine. Elegant schmeicheln die mineralischen Noten. Die Nase erspürt ganz fein Noten von Aprikose und Pfirsich mit einem Touch Zitrus und einer leichten Holzwürze. Der Gaumen spürt die fein-große Eleganz und hält fest, was einfach auf die große Bühne gehört. Chapeau! Chapeau! So muss ein großer Weißburgunder sein.

Die tiefgründigen und kalkhaltigen, Böden rund um Herxheim bilden die Grundlage der leidenschaftlichen Arbeit von Familie Gabel. Entstanden sind diese Böden vor rund 25 Millionen Jahren durch das Vordringen des tropischen Meeres in den Rheingraben. Heute verleihen sie allen Rieslingen und Burgundern Spannung und Mineralität. Es ist eben Tradition und Vitalität die Oliver Gabel lebt, es ist Familiensinn und Lebensfreude die ihn prägt und es sind die Geister der langen Tradition, welche ihn in sich ruhen lassen und ihm viel Raum geben für Neues.

Weingut Gabel / Weinstraße 45, 67273 Herxheim am Berg / 06353 7462

https://www.weingut-gabel.de

Rheinhessen! In der Hängematte der Seele – Yvonne Finkenauer

Ich mag sie, diese paar Ecken und unbehandelten Kanten. Nicht perfekt sein und nicht im Glanz stehen. Auch mal anders denken und nicht auf dem Pfad des Mainstreams wandeln. Auch mal stolpern und dann mit großer Finesse wieder aufstehen. Auch mal nach der Hand des Vaters greifen und dann hierüber sinnieren ohne zu verzweifeln. Die Sehnsucht nach dem Bruder im Sinn und dann wieder dem Leben die Kante zeigen… launisch ohne kompliziert zu werden, das ist Yvonne Finkenauer.

Ja…und manchmal schleckt sie auch mal gern am Honig, steht oben auf dem Bubenheimer Honigberg, genießt den weitreichenden Blick in das Selztal, schneidet das Frühjahr aus den Reben und gibt ihnen so mehr Kraft und den Charakter für das Leben ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Sie ist eben Multitalent mit herzlich viel Leidenschaft. Heraus kommt ein formidabler Meilenstein… der 2018 »Meilensteine« Bubenheim Honigberg Chardonnay trocken, dessen Duft eine klare Note von Honigmelone, gerösteten Nüssen und einer feinen Spur Rosmarin die Nase umgarnt. Am Gaumen saftig und final harmonisch mit kerniger Restsüße überzeugt. Dieser Chardonnay hat eine klare Kante. Ohne wenn und wie auch immer.

Ihre Hängematte der Seele hat Yvonne Finkenauer am Schlossberg in Schwabenheim aufgespannt. Hier fühlt sie sich geborgen. Hier fühlt sie sich mit ihrem Bruder verbunden, der 2008 das Leben verließ und ihr, unvermittelt, die Verantwortung für das Weingut übergab. Geborgen im Schutz der Bergkuppe und die frühe Morgensonne prägt das Mikroklima dieser Weinlage. Der 2018 »Meilensteine« Schwabenheim Schlossberg Riesling trocken hat gewaltig viel Aufmerksamkeit erfahren. So spült er in die Nase ein spannendes Aromenspiel: Pfirsich, Aprikose mit einer feinen Nuance Grapefruit und leicht mineralische Anklänge. Am Gaumen präsentiert er mit Stolz seine reife und präsente Säure. Die, fast unauffällige, Restsüße ist mit entsprechender Sensibilität eingearbeitet. Leicht mineralische Spuren sorgen für einen ausgewogenen, facettenreichen Charakter. Nicht perfekt… aber launisch und vielfältig zugleich. Ganz so wie es Yvonne Finkenauer mag.

Und zur Klarheit! Yvonne, dreifache Mutter mit viel Herzblut, ist keine Weinmacherin aber eine fette Portion Macherin mit guten Weinkreateuren im Hintergrund. Sie ist Frontfrau und auch mal gern die „Rampensau“. Sie ist dann mal on tour als leidenschaftliche Bühnenkünstlerin in Sachen Wein und auch mal gern kuschelig und demütig daheim. Sie hat die Nase für die richtigen Weine zur richtigen Zeit, aber auch Standing weit weg vom Verbogensein. Als ausgebildete Bürokauffrau kennt sie die Bedeutung von Zahlen. Als dreifache Mutter die Bedeutung von Wimmelbum und klar auch alle Facetten vom Leben drumherum. Wenn sie Wein erklärt zaubert sie Bilder in die Köpfe und lässt den Charakteren ihrer Weine freien Lauf.

Früh übernahm sie, im vollen Bewusstsein für Familie und Verantwortung das Weingut und fand recht früh den Weg für das Familienweingut. Die Fragen nach Anpassung, übernehmen, aufbegehren oder neu erfinden wurden nie gestellt… denn das Leben lief bereits im fünften Gang nah an der Leitplanke. Jede Generation geht mit dem Erbe der Gesellschaft anders um. Jede Generation mit Aufmerksamkeit begegnen heißt, von deren Geschichte ein Stück mitnehmen und ihm in der Zukunft einen würdigen Platz geben. Yvonne Finkenauer hatte nicht viel Zeit, aber das Zutrauen vom Vater und zugleich hartgesottenen Winzer Wilfried, der streitbar wie gar so gern tochtergeschmeidig das Weingut mitgestaltet. Er treibt sie an und gibt ihr eine Fülle seines Geistes. Er lässt ihr Freiheit, Träume und gibt ihr Haltepunkte. Hat nie losgelassen, hat immer behütet.

Ja! Bei Finkenauers, außerhalb von Bubenheim, ist verdammt viel Leben. So wie die Weine eben: nicht perfekt. Mit Ecken und Kanten eben. Laune zeigen und diese einfach fein kultivieren.

Weingut Finkenauer / Ausserhalb 7, (Friedhofstraße), 55270 Bubenheim / 06130 944206

https://www.finkenauer.de

Pfalz! Die Leichtigkeit… der Wein… ein guter Charakter! Weinmacher Michael Ziegler

So ist es, mit dieser Leichtigkeit der Pfalz, die ganz gern einnimmt und auch mal im Hintergrund mit so manchen Seelen spielt, sich im Wein und manchmal auch in den Menschen spiegelt.

Es sind jene Menschen, wie Michael Ziegler, welchem die Leichtigkeit in die DNA geflochten wurde, damit sie diese sichtlichen Charakterzüge der Pfalz weiter tragen…in die Welt und in die Köpfe jener Menschen, die offen sind für die kunterbunte Lebensfreude der Pfalz.

Aufmerksam und sichtlich erkennbar behandelt er nicht nur Freunde und Gäste sondern auch jene, von denen er nichts zu erwarten hat. Das zeichnet einen besonderen, sonnig-gemütlichen Charakter von Michael Ziegler aus. Er nimmt sich wirklich Zeit für die Menschen. In einem Weingut dieser Größe ist das natürlich nicht immer möglich, aber für Michael ist gerade diese Art wichtig, ist sie doch auch eine Wertschätzung.
Mit gleicher Aufmerksamkeit und Wertschätzung begegnet er seinen Rebstöcken im Weinberg. Die hohe Qualität seiner Weine findet im Weinberg ihren Ursprung. Sensibel und mit besonderem Augenmerk schneidet er die Reben, führt schon früh die qualitätsfördernde Teilentblätterung durch und schafft somit eine verbesserte Gesunderhaltung der Trauben. Außerdem baut sich durch die Belichtung der Sonne die Säure in der Beere besser ab. Prinzipiell greift er möglichst wenig in die natürliche Entwicklung seiner Rebstöcke ein, denn beste Weine kann man besonders im Einklang mit der Natur erzeugen und nicht im Labor. So bleibt die Natur in einem gesunden Gleichgewicht, und reguliert sich in vielem selbst.
Recht analytisch und mit viel Handarbeit setzt er sein Streben nach bester Qualität im Weinkeller fort. Er möchte authentische Weine erzeugen, die ihr Terroir perfekt widerspiegeln, die individuell und charakterstark sind. Weit weg von Chichi, weit weg vom überbordeten Mainstream. Klar! Michael Ziegler kann auch Bioweinbau. Und dies mit jener Disziplin und Feinfühligkeit, die die Natur von ihm erwartet.
Seine ganz besondere Leidenschaft… ja gar Liebe gilt dem Spätburgunder. Seine 2017 Spätburgunder Spätlese trocken durfte 18 Monate im Eichenfass reifen und überzeugt bereits bei der ersten Begegnung mit kräftigem Charakter und einer feinen Tanninstruktur. Die Nase wird umworben mit feinen Röstaromen, zarten Mandeln und reifen, roten Früchten. Der Gaumen wird langanhaltend tapeziert. Formvollendet, aber zwanglos. Nicht aufdringlich aber einnehmend. Ein Wein für schöne Momente. Überzeugend für Spitzenmomente ist der 2017 Riesling Sekt brut. Feine Kupferperlen tummeln sich im gold-dezenten Schäumchen. In der Nase ein finessereicher Duft nach Aromen von frischem Limettenabrieb, frischen Äpfeln, sympathischer Frische. Das weinige Mousseux und die lebendige Säure führen in ein klares und langanhaltendes Finale.

Sein Lächeln vermittelt Wärme, Sympathie und letztlich auch ein Zeichen der Wertschätzung. Klar! Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist nun mal ein Lächeln. Der direkte Weg zum Genuss in den herrlichen Terrassengärten mit Blick über die Südpfalz führt über Michael Ziegler. Ein Genussentrepeneur mit Blick auf die Leichtigkeit der Pfalz.