„Drigg net so fescht uff des Weggle, sonsch machsch en Dulle nei.“
Keine Welt orientiert sich am Menschen. Der Mensch muss die kleinen wie auch großen Welten entdecken und sich darin bewegen. Ab und an darf er auch gestalten und seinen ganz eigenen Blickwinkel ändern.
Johannes Becker erzählt mit herzlich viel Leidenschaft Geschichten aus der großen Welt des Bäckerhandwerks und auch über den Mikrokosmos Schwarzwald. Mit all seinen Gedanken zeigt er auf, dass die Philosophie nicht nur graue Theorie ist. Verständlich und amüsant führt Johannes durch die Welt des Bäckers und wie die Philosophie unseren Alltag bestimmt.
Und tatsächlich steckt auch in einem wirklich guten Brot ganz viel Philosophie des Bäckers. Bei Johannes wird es noch immer und mit viel Lebensfreude handwerklich gemacht. Nur mit natürlichen Aromen und konsequent fernab von Zusatzstoffen. Er verwendet die besten, regionalen, Mehle sowie einen Natursauerteig. Gepaart mit viel Zeit und Aufmerksamkeit werden seine Handwerksstücke gebacken. Seine Brote duften hervorragend, haben eine knusprige Kruste und je nach Brotart, eine fein- oder großporige saftige Krume. Schwarzwald-Genial eben! Gern verwendet er auch mal Kartoffelflocken und Kastanienmehl, spielt und kreiert mit allerlei Aromen und gibt neuen Ideen eine Spielwiese. Nichts ist für ihn unmöglich. Sein Gewürzregal wie auch sein Gefühl für außergewöhnliche Aromen ist üppig und international bestückt. Vieles muss neu gedacht wie auch mal hinterfragt und mit seiner Frau Karin diskutiert werden. Tatsächlich sind sie sich auch meistens einig. Letztlich kann Johannes mit seinen charmant-genialen philosophischen Gedanken überzeugen.
Die Welt der Aromen bleibt in hohem Maße von uns unerkannt, es bedurfte viel Geduld, Anstrengung und der liebenswerten Überzeugungskraft von Johannes, sie freizulegen. Es sollte Aufgabe sein, uns diese Welt, in der wir leben, und die wir doch ständig zu vergessen geneigt sind, wiederzuentdecken und unsere Nase mal wieder tief in den Teig zu stecken.
Die faszinierend-bunte Welt der Aromen ist eine Welt, die sich uns durch unsere Sinne erschließt. Gutes Brot ist lebendig und spiegelt die Aromen der Natur. Bei Johannes darf es dann auch mal eine Birnentarte mit Roquefort sein.
Defintiv ist auch der Guglhupf ein Kunststück von Johannes Becker. Für mich…der saftigste Guglhupf aller Zeiten. Fluffig, locker, lecker: So muss ein Gugelhupf sein! Nicht nur im Schwarzwald ein Klassiker! Auch wenn die Wiener Kaffeehauskultur die Erfindung des edlen Napfkuchens für sich reklamiert wissen und alle Elsässer ganz genau, dass das gute Stück aus Ribeauvillé stammen muss. Warum sollte man dem „Kougelhopf“ denn dort sonst ein eigenes jährliches Fest widmen? Uns Schwarzwäldern, so Johannes Becker, kann’s egal sein. Schließlich wissen wir ja, dass unsere Gugelhupf-Rezepte eh die allerbesten sind.
Johannes Becker wurde in die Bäckerwelt hineingeboren und begann bereits in jungen Jahren dieser Welt seinen Stempel aufzudrücken. Die wichtigsten Grundzüge des Handwerks wie auch den noch heute verwendeten Sauerteigansatz hat er vor 45 Jahren von seinem Vater übernommen. Die Feinheiten und auch die richtigen Blicke in eine wirtschaftlich-sinnvolle Zukunft hat er sich relativ rasch angeeignet, denn es war ihm klar: Das Bäckerhandwerk und auch der Geist darin sind seine ganz eigene Welt.
Wer Johannes Becker begegnet gewinnt ganz schnell die Erkenntnis, dass all sein Tun ihn glücklich und zufrieden macht. Seit seinem Ruhestand … welcher merklich gar nie stattfand… lehrt Johannes an der Bäckerakademie in Weinheim, engagiert sich bei der Bäckerinnung, kümmert sich um bessere Ausbildungsstrukturen des Bäckerhandwerks und bereichert als Unternehmensberater zahlreiche Bäckereien mit seinem profunden Fachwissen und seinem leidenschaftlichen Blickwinkel auf die Welt der Brotkunst. In einer Zeit, in der Menschen von der Produktion ihrer Lebensmittel weitgehend entfremdet sind, gibt er diesem Wissen neue Wurzeln. Und… einmal in der Woche steht er noch für seine Hotelpartner und Freunde am Backofen, kreiert das Neue gepaart mit viel Tradition und zaubert ganz gern auch Schwarzwälder Aromen in den Geist vieler Gäste.
Und welches Brot liebt Johannes selbst? „Ich liebe jedes Brot, das aus meinen Händen entstanden ist. Zu meinen Favorit zählt das dunkle schwere Traditionsbrot, sehr mild versäuert und ungewürzt (bis auf Salz) und wirklich gute Baguettes mit feinsplittriger Kruste und grober saftiger Porung“.
Und dann kommt ihm die Achtsamkeit in den Sinn: „Numme net huddle!“ gönnt seinen Gedanken eine Inventur und knetet den nächsten Teig.
Schön war’s bei Johannes im Schwarzwald.