So isser ewe..… der liebenswerte Brotphilosoph Johannes Becker

„Drigg net so fescht uff des Weggle, sonsch machsch en Dulle nei.“ 

Keine Welt orientiert sich am Menschen. Der Mensch muss die kleinen wie auch großen Welten entdecken und sich darin bewegen. Ab und an darf er auch gestalten und seinen ganz eigenen Blickwinkel ändern. 

Johannes Becker erzählt mit herzlich viel Leidenschaft Geschichten aus der großen Welt des Bäckerhandwerks und auch über den Mikrokosmos Schwarzwald. Mit all seinen Gedanken zeigt er auf, dass die Philosophie nicht nur graue Theorie ist. Verständlich und amüsant führt Johannes durch die Welt des Bäckers und wie die Philosophie unseren Alltag bestimmt.

Und tatsächlich steckt auch in einem wirklich guten Brot ganz viel Philosophie des Bäckers. Bei Johannes wird es noch immer und mit viel Lebensfreude handwerklich gemacht. Nur mit natürlichen Aromen und konsequent fernab von Zusatzstoffen. Er verwendet die besten, regionalen, Mehle sowie einen Natursauerteig. Gepaart mit viel Zeit und Aufmerksamkeit werden seine Handwerksstücke gebacken. Seine Brote duften hervorragend, haben eine knusprige Kruste und je nach Brotart, eine fein- oder großporige saftige Krume. Schwarzwald-Genial eben! Gern verwendet er auch mal Kartoffelflocken und Kastanienmehl, spielt und kreiert mit allerlei Aromen und gibt neuen Ideen eine Spielwiese. Nichts ist für ihn unmöglich. Sein Gewürzregal wie auch sein Gefühl für außergewöhnliche Aromen ist üppig und international bestückt. Vieles muss neu gedacht wie auch mal hinterfragt und mit seiner Frau Karin diskutiert werden. Tatsächlich sind sie sich auch meistens einig. Letztlich kann Johannes mit seinen charmant-genialen philosophischen Gedanken überzeugen.

Die Welt der Aromen bleibt in hohem Maße von uns unerkannt, es bedurfte viel Geduld, Anstrengung und der liebenswerten Überzeugungskraft von Johannes, sie freizulegen. Es sollte Aufgabe sein, uns diese Welt, in der wir leben, und die wir doch ständig zu vergessen geneigt sind, wiederzuentdecken und unsere Nase mal wieder tief in den Teig zu stecken.

Die faszinierend-bunte Welt der Aromen ist eine Welt, die sich uns durch unsere Sinne erschließt. Gutes Brot ist lebendig und spiegelt die Aromen der Natur. Bei Johannes darf es dann auch mal eine Birnentarte mit Roquefort sein.

Defintiv ist auch der Guglhupf ein Kunststück von Johannes Becker.  Für mich…der saftigste Guglhupf aller Zeiten. Fluffig, locker, lecker: So muss ein Gugelhupf sein! Nicht nur im Schwarzwald ein Klassiker! Auch wenn die Wiener Kaffeehauskultur die Erfindung des edlen Napfkuchens für sich reklamiert wissen und alle Elsässer ganz genau, dass das gute Stück aus Ribeauvillé stammen muss. Warum sollte man dem „Kougelhopf“ denn dort sonst ein eigenes jährliches Fest widmen? Uns Schwarzwäldern, so Johannes Becker, kann’s egal sein. Schließlich wissen wir ja, dass unsere Gugelhupf-Rezepte eh die allerbesten sind.

Johannes Becker wurde in die Bäckerwelt hineingeboren und begann bereits in jungen Jahren dieser Welt seinen Stempel aufzudrücken. Die wichtigsten Grundzüge des Handwerks wie auch den noch heute verwendeten Sauerteigansatz hat er vor 45 Jahren von seinem Vater übernommen. Die Feinheiten und auch die richtigen Blicke in eine wirtschaftlich-sinnvolle Zukunft hat er sich relativ rasch angeeignet, denn es war ihm klar: Das Bäckerhandwerk und auch der Geist darin sind seine ganz eigene Welt. 

Wer Johannes Becker begegnet gewinnt ganz schnell die Erkenntnis, dass all sein Tun ihn glücklich und zufrieden macht. Seit seinem Ruhestand … welcher merklich gar nie stattfand… lehrt Johannes an der Bäckerakademie in Weinheim, engagiert sich bei der Bäckerinnung, kümmert sich um bessere Ausbildungsstrukturen des Bäckerhandwerks und bereichert als Unternehmensberater zahlreiche Bäckereien mit seinem profunden Fachwissen und seinem leidenschaftlichen Blickwinkel auf die Welt der Brotkunst. In einer Zeit, in der Menschen von der Produktion ihrer Lebensmittel weitgehend entfremdet sind, gibt er diesem Wissen neue Wurzeln. Und… einmal in der Woche steht er noch für seine Hotelpartner und Freunde am Backofen, kreiert das Neue gepaart mit viel Tradition und zaubert ganz gern auch Schwarzwälder Aromen in den Geist vieler Gäste. 

Und welches Brot liebt Johannes selbst? „Ich liebe jedes Brot, das aus meinen Händen entstanden ist. Zu meinen Favorit zählt das dunkle schwere Traditionsbrot, sehr mild versäuert und ungewürzt (bis auf Salz) und wirklich gute Baguettes mit feinsplittriger Kruste und grober saftiger Porung“.

Und dann kommt ihm die Achtsamkeit in den Sinn: „Numme net huddle!“ gönnt seinen Gedanken eine Inventur und knetet den nächsten Teig.

Schön war’s bei Johannes im Schwarzwald.

Heimatverbunden und unkompliziert – Gasthaus zum Adler, Klingenmünster

Heimatverbunden mit einer feinen Prise Lateinamerika…

Das ist das neue Gasthaus zum Adler.

Zwischen allerlei Krisen dieser Welt, weit abseits von grausigen News aus der Gastrowelt und punktgenau zum richtigen Zeitpunkt schaffen Christine & Franziska Baumann einen ganz eigenes, einen ganz besonderen und sehr gescheiten Mikrokosmos. Ihre Gasthauskultur ist anders als typisch, aber kreativ und so genüsslich. Sie gestalten und servieren, mittlerweile in der 5. Generation, eine junge deutsche Küche bereichert mit einer zarten Note Lateinamerika. Was die große Weltpolitik nicht schafft klappt bei den Baumanns wunderbar. Hier darf sich ein schönes Stück Pfalz auch mal mit Lateinamerika vereinen und über beste Kulinarik inmitten familiärer Gemütlichkeit philosophieren.
Die monatlich wechselnde Speisekarte bietet eine kleine, aber eine aromengewaltige Auswahl. Fleisch, Fisch, Vegan. Ein bisschen Pfalz, ein bisschen Lateinamerika. Unkompliziert und frei. Regional und saisonal. Dazu gönnen sie ihren Gästen eine feine Auswahl ausgesuchter Weine ihrer Lieblingswinzer aus der Region.

2019, die Welt lag in einer Corona-Depression, haben die Schwester Christine und Franziska, Köchin und Betriebswirtin, das alte Gasthaus kräftig umgekrempeltund ihm eine satte Portion Leben und Leichtigkeit eingehaucht.
Während Franziska gut kalkuliert und stets einen guten Plan hat, zaubert leidenschaftlich und unkompliziert Christine an den Töpfen. Viel gelernt hat sie im 2-Sterne „La Vision“ und Köln im Sternerestaurant „La Poêle d’Or“ n Köln. 2014 errang sie den 3. Platz bei der Hans Büschkens Young Chefs Challenge, einem weltweiten Wettbewerb für Jungköche bis 25 Jahre.

Franziska hingegen hat Betriebswirtschaft studiert und verbrachte zwölf spannende Jahre in Guatemala und bringt somit den lateinamerikanischen Einfluss mit. Mit viel Kundenorientierung liegt ihr Fokus auf der Servicekultur.
Schon immer haben die Schwestern davon geträumt, den Familienbetrieb in Klingenmünster zu übernehmen. Seit 2023 machen sie es aus leidenschaftlicher Überzeugung und lassen es die Gäste sowohl schmecken als auch spüren.

Gasthaus zum Adler / Weinstrasse 47 / 76889 Klingenmünster

 Tel. +49 (0)6349-6473

Die Pfalz rockt mit frischem Spargel und sieben erfolgreich-kreativen, Winzern

Es scheint als habe es der Winter nun endlich aufgegeben nochmals ein paar eisige Momente in Szene zu setzen und übergibt nun demütigt alle Macht dem Frühling, welcher jedoch bereits im einen Deal mit dem Sommer eingegangen ist. Früher als erwartet zieht die Pfalz ihren prächtigen Schleier in zart-rosa an und betritt die zauberhaft-sonnige Bühne. Die Mandelblüte ist in der Pfalz mehr als „nur“ ein Ereignis ebenso wie die kulinarisch-bunte Vielfalt des begehrte Edelgemüse Spargel, welche bereits seine zart-weissen Spitzen zeigt. Seit Anfang April sind die Spargelernter aktiv, um die ersten Reihen zu „stechen“, wie die Spargelernte in der Fachsprache genannt wird. Wer sich den Spargel direkt vom Bauern holt, kann sich der größten Genussfrische sicher sein.

Übrigens: Die Frische erkennt man am knackigen Aussehen und durch einen Trick: Stangen aneinanderreiben, wenn es quietscht, müssten sie frisch sein. Und Spargel ist nicht nur kalorienarm sondern auch sehr reich an C, E und B-Vitaminen und den Mineralstoffen wie Kalium, Kalzium, Eisen, Magnesium, Kupfer und Phosphor. 

Der ideale Wein-Begleiter zum Spargel will gut gewählt sein – die besten Empfehlung habe ich bereits auf meiner Weinentdeckertour durch die Pfalz ausgemacht. Denn unweit der besten Weinlagen wächst auch vorzüglicher Spargel.  In Dudenhofen, Kandel, Schifferstadt oder auch in Weisenheim am Sand hat der Spargelanbau aufgrund der idealen sandigen Böden die längste Tradition.

Ganz klar: Zum idealen Tête-à-Tête mit dem Edelgemüse passt ein trockener Weißwein mit feiner Säure. Nein: Bitte keinen jungen frischen Weißwein! Ein Spargelwein sollte, bis auf wenige Ausnahmen, ein trockener Weißwein, mit harmonischer feiner Säure sein. Weine mit neutralem Bukett sind besonders beliebt, zwei bis drei Jahre Reife schadet ihnen auf keinen Fall. Somit darf es durchaus ein Jahrgang 2019 oder 2020 sein. Als der Paradespargelwein gilt der Weißburgunder. Sein leicht fruchtiges Bukett mit einem Hauch von nussigem Aroma schmiegt sich angenehm ergänzend zu einer Vielzahl von Spargelgerichten. Auch ein Viognier oder Silvaner melden sich, wenn es um Spargel geht, sehr gerne zu Wort. Fruchtig-aromatisch sorgen sie für das Quäntchen Pepp.

Mein Augenmerk bei der Weinauswahl galt den jungen, außergewöhnlichen, Weinkreateure der Pfalz.  Und die gibt es reichlich. Unweit vom Spargelpardies Weisenheim am Sand begeistert der Freinsheimer Jürgen Krebs mit seinem herrlich dichten „ Weißburgunder 2018“. In der Nase tanzen mineralische Noten gepaart von reifer Birne, Quitte, Apfel und einer Nuance Walnuss. Am Gaumen gesellen sich fruchtig bisweilen leicht würzige Aromen wie auch etwas Mokka dazu.

Unweit von Freinsheim zaubert Markus Spindler vom Weingut Heinrich Spindler aus kalkreichen Böden und dem besonderen Kleinklima der Forster Lagen eine wahrlich perfekte Grundlage für große Burgunder, der nicht nur zum Spargel eine hervorragenden Partie spielt. Sein „2020 Weißburgunder“ bringt spannende Farbe ins Spiel. Seine dezente Säure und die fruchtige Aromen von Birne und Zitrusfrüchten lassen diesen Wein charmant-frisch daherkommen.  Im Abgang ist die saftig-schmelzige Struktur eines Burgunderweins erkennbar. Perfekt!

Johann Seibt, der Weinmacher des Bad Dürkheimer Weinguts Karl Schäfer begeistern mit einem knackig-frischen „Weißburgunder 2020“. Ein wahrer Duftkorb aus von gelben und grünen Äpfeln mit einer leicht süßlichen Komponente von Honigmelonen und leicht nussigen Anklängen an frischen Haselnüssen. Am Gaumen sanft mit feinem Säurespiel und sortentypische Apfelnoten sowie fein-nussige Nuancen. Dieser Wein ist trotz seiner Eleganz kraftvoll mit dichtem Körper.

Aus der Südpfalz sorgt das junge Talent Georg Meier für eine vorzügliche Partnerwahl zum Spargel: Sein frischer „2020er Weißburgunder/trocken mit kühlen und fein-mineralischen Noten mit Aromen von gelben Früchten wie Apfel und Birne lassen im Gaumen eine klar-feinsaftige Frucht und einer feinen, nicht zu überladenen, Säure und einem fein-schmelzigen Abgang erkennen. Chapeau!

Seit 2003 lenkt Matthias Stachel den Weinbau des in Maikammer ansässigen Familienbetriebes entscheidend mit. Ausgestattet mit reichlich Fachwissen, welches er bei Topweingütern den USA/Kalifornien und Neuseeland/Hawkes Bay erworben hat, lässt großes Kino beim Weinbau erwarten. Ohne Zweifel, der Gutswein Weiße Burgunder 2020 ist ein Beleg für feine Handarbeit. In der Nase fein-fruchtige Aromen wie Birne, geriebenen Apfel, etwas Pfirsich und einem Touch Haselnuss. Am Gaumen kommt feine Säure hinzu.

Auf dem Aloisiushof in St.Martin gilt Philipp Kiefer innerhalb der Familie als Antreiber kreativ-engagierter Vorreiter und begeistert mit einer prächtigen Auswahl an Weisweinen. Hieraus kann ich als vorzüglichen Weinbegleiter zum Spargel den aussergewöhnlichen „2021er Weißen Burgunder“ empfehlen, welcher reich an Mineralität ist und facettenreich reife, teils exotischer, Früchte in Nase und Glas zaubert. Aromen wie Delicius, reifer Ananas oder gelbe Birne bereichern die Sinne. Im Gaumen herrlich saftig, mit einer intensiven und einer fein-ausgeglichenen Säure. 

Johannes Jülg aus südpfälzischen Schweigen rockt mit einem ausgezeichneten „2021er Weissburgunder vom Kalk“ auf der großen Bühne mit. Seine Lehr- und Wanderjahre ließ ihn bei  Emrich-Schönleber (Nahe) und Clos de Lambray (Burgund) in die tiefe Kunst des Weinbaus blicken. Der Weissburgunder überzeugt feinsaftig und klar im Mund. In der Nase reife Birne gepaart mit saftig-süßen Apfel und leichten Kräuternoten wie Kresse . Am Gaumen mischt sich etwas Nektarine dazu.  Die gewisse Tiefe und Spannung wird von einer Spur Schmelz abgerundet. 

Sterne hat es im Weingut Stern in Hochstadt/Südpfalz reichlich. Der Junior Dominik Stern sorgt für reichlich Glanzpunkte. Bevor er 2003 in den Betrieb einstieg sammelte er reichlich Ideengut in Südafrika und der österreichischen Wachau. Ganz klar ein Stern auch für den „2021 Weisser Burgunder Vom sandigen Lehm“. Wie eine Diva präsentiert sich dieser Wein: Vollmundig, erfrischend, elegant, Duft nach Cassis, Birnen, Äpfeln, Quitten. Am Gaumen zeigt sich der Wein herrlich saftig wie auch cremig und lang. Mindestens 3 Sterne würdig.

Reise nach Anderswo

Reisen heißt für mich nicht: irgendwo ankommen, sondern aufbrechen, den Tag sich öffnen lassen mit einer Fülle schöner Momente, seinen Düften, seiner Würze, seinen Augenschmeicheleien. Es bedeutet das Unerwartete der nächsten Begegnung, das nie vollständig gestillte Verlangen, immer wieder Neues zu berühren, die unendliche Neugier, die Vielfältigkeit von Mensch und die Facetten schöner Landschaften mit der wirklichen Welt zu vergleichen. Es bedeutet morgen und immer wieder morgen, anstatt dem Gestern zu verfallen. 

Aus allen meinen Reiseberichten entspringt der Wunsch, den großen Metropolen und deren gequält-lautem Gewimmel zu entfliehen, und die Sehnsucht nach einem gemütlich-genüsslichen, kunterbunten Anderswo, das hell und freundlich, duftend und lebensfroh ist.

Den Rucksack packen und fortgehen, Zuhause und Gewohnheiten wechseln, für ein paar Tage oder gar Wochen den Alltag verlassen, auf die Pfalz, auf Rheinhessen, auf den Bodensee und die Nordsee einlassen, von Meereswellen gewiegt werden oder sich von den Winden der Provence forttragen lassen. Frei umhertreiben, die Sonne über dem Schwarzwald oder dem Meer untergehen sehen, unbekannte Geräusche empfangen und in fremde Gesichter blicken, den Vögeln in die blaue Ferne folgen.

Fernab vom Gewimmelbum, von Menschenmengen, der Souvenirkitschigkeit und der Standardisierung des Reisens möchte ich mich einlassen auf ruhig-sanfte Lebensfreunde, geschützte und teils unberührte Landschaften. Möchte mich einlassen auf eine wirkliche Loslösung vom klirrig-sperrigen Alltag, vom ständig-blickenden Smartphone und der ewigen WhatsApp-Bereitschaft: Echtes Reisen also! Fortgehen, um fortzugehen, und reisen, um zu reisen.

Und… der Geist des Reisens lebt in jedem von uns

Oft nur als Wunsch, sich abseits im Diesseits fernab von ausgetretenen Pfaden oder aufgedrängten Routen zu entfernen und wieder Authentisch-ehrliches zu finden. Häufig genügt es bereits, früh aufzustehen oder den Ort zu wechseln. Wichtig ist nur, alles mit tiefen Atem und offenen Augen zu betrachten. Lust und Genuss zu verspüren nach Überraschung und Erstaunen und der Sehnsucht, sich forttragen und verführen zu lassen. Den Geist des Reisens in uns aufzunehmen … ist die Kunst. 

In der Pfalz kommt die Tradition auf dem Tisch

dekoratives Element

Für einen echten Pfälzer ist der Umgang mit Messer und Gabel, also das „Schnabulieren“, wie man früher sagte, mehr als schnöde Nahrungsaufnahme. In der Pfalz lebt man leibhaftig gern gesellig bei Wein, Worscht und Brot, denn Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Ohnehin bekennt man in der Pfalz ungeniert: „Wie man isst, so schafft man“. Deftig-ungehemmt zugreifen ist Ehrensache, auch wenn der ideale Body-Mass-Index dabei ein wenig aus den Fugen gerät.  

In der Pfalz sind Deftig-würziges, aber auch mal süße Mehlspeisen kulinarisches Programm. Auch wenn ein Teil der Landeskinder fahnenflüchtig geworden ist und aus Bequemlichkeit auch gern zur Tiefkühlpizza greift, schwört der große Rest noch immer auf deftige Hausmannskost. Auch beweist der kulinarisch-gebildete Pfälzer, dass er Zunge, Gaumen und Geschmacksknospen weitergebildet hat. Das Pilgern in die Gourmetparadiese Elsass, Baden und Württemberg ist verflacht, denn in der Pfalz wird mittlerweile großes Kulinariktheater geboten. Mittlerweile sind die kulinarischen Welten in der Pfalz so vielfältig wie auch bunt, und den Künsten am Herd sind keine Grenzen mehr gesetzt. Gern entführt man auch Rezepte aus dem nahen Elsass und peppt es pfälzisch auf. Flammkuchen, Grobe Bratwürste, Pfälzer Leberwurst und Grieweworscht sowie Lewwerknepp oder Flääschknepp werden mit Finesse und typischen Kräutern verfeinert.

Das bekannteste Pfälzer Gericht ist der Saumagen oder „Saumache“. Ein gereinigter Schweinemagen dient einer Mischung aus magerem Schweinefleisch, Bratwurstbrät, Kartoffeln und evtl. Zwiebeln oder Kastanien als Hülle. Ja… typisch Pfalz gibt es auch hier zahlreiche Variationen, ein richtig oder falsch gibt es nicht, solange die Verhältnisse stimmen. Sauerkraut ist die typische Beilage, passt immer und nahezu zu allem. In den Hütten und Weinstuben steht oft der Schiefe Sack oder Pfälzer Teller auf der Karte, beides sind Kombinationen aus einer Bratwurst, einem Leberknödel mit Kraut und Brot. Beim Pfälzer Teller wird zudem noch eine Scheibe angebratener Saumagen serviert.

Und…ein vollmundiger Klassiker ist und bleibt bis Gott aus dem Himmel fällt die Pälzer Hawwedampfnudle, Hawwedambnudel oder auch Dampfknepp.  Zu dieser deftigen und leckeren Hausmannskost nach „Oma’s Art„ passen eingemachtes Obst, Obstsuppe, Kartoffelsuppe, Wein- und Vanillesoße gleichermaßen gut. Die beliebteste Beilage zur Dampfnudel ist aber eindeutig die Weinsoße (Woisoß’). Als Hauptgericht wird zuvor eine Kartoffelsuppe (Grumbeersupp‘) oder Gemüsesuppe gereicht.

 

dekoratives Element
Foto: Ralf Ziegler Deutschen Weinstraße e.V. ´

In meinen „Kulinarischen Notizen“ und auf in „Lust auf Weingut“ beschreibe ich gern jene kulinarischen Stätten, die ein wirkliches Einkehrvergnügen bereiten. Hier steht nicht nur der Wein im Vordergrund, sondern auch die leidenschaftliche Kochkunst. Meist stelle ich bei meinen kulinarischen Begegnungen in der Pfalz fest, dass die Vertrauenswürdigkeit steigt, wenn Einheimische (und nicht nur der Wirt) solche Einrichtungen mit einem breit-stolzen Lächeln adeln.

Rheinhessen. Aromenkunst im Trio. Tiago Crisóstomo, Oliver Förster & Kathrin Hammen

Es sind Ausnahmeerfahrungen wie dieser Abend bei einer sinnlich-außergewöhnlichen Weinprobe im Weingut Hammen, für die Weinliebhaber gerne nach Köngernheim pilgern. Kiste um Kiste tragen sie zu ihren Fahrzeugen, vorsichtig und wachen Auges, ganz so wie man besondere Schätze eben behandelt. Und dann verlassen sie den idyllischen Weinort Köngernheim. Schade eigentlich. Denn sie werden nie erfahren, dass Köngernheim umgeben von Weinbergen, mitten im Herzen Rheinhessens, nicht nur über einzigartige Weingüter verfügt, sondern auch ein genussfantastisches Wellnesshotel mit einer faszinierenden Gastronomie bietet – hier zaubert Küchenchef Tiago Crisóstomo, welcher bereits seit sieben Jahren in Jordans Untermühle die Traditionsküche mit ausgefallenen Interpretationen neu definiert. Der gebürtige Portugiese, aufgewachsen in Rheinhessen, versteht die sensible Kunst, Zutaten geschickt-charmant zu kombinieren: Bodenständige Regionalität mit einem Touch Perfektionismus und engagierte Leidenschaft und trotz allem mit viel Feingefühl für das Wesentliche. Dabei kommt auch gern einmal Brot ins Spiel. Für Tiago Crisóstomo ist noch immer das Wichtigste, dass ein Gericht Emotionen und den Reichtum einer herrlichen Natur transportiert. Er, eine verdammt ehrliche Haut mit sensiblem Gespür für geschmackfrisch-regionale Produkte trägt vorbildlich dazu bei, dass Rheinhessen schmackhaft in unseren Sinnen bleibt. Letztlich gelingt es ihm vorzüglich ein prächtiges Menu der Gastlichkeit an den Horizont zu zeichnen.

Ja so ist es hier in Rheinhessen. Hier wachsen und gedeihen in ganz besonderer Weise „Typen mit Charakter“ im Einklang mit der Natur.

Neben Tiago Crisóstomo beweist dies ganz gewiss auch der Brotlieferant Oliver Förster und die Weinlieferantin Kathrin Hammen. Deren Kunst als Winzerin ist es, Säure und Zucker in die perfekte Balance zu bringen. Dies gelingt der zweifachen Mutter in einer ganz besonderen Weise, arbeitet sie doch nahezu perfekt im Einklang und in „Spürnähe“ mit der Natur.

Die große Diplomatie der Weinmacherin – Kathrin Hammen
Kathrin Hammen ist nach einer Phase der Exploration, in der man sich vor allem damit beschäftigt, neue oder ungewöhnliche – schon fast vergessene – Rebsorten wie auch Formen der Weinbergspflege zu verfeinern ohne die gelebte Tradition des Familienbetriebes zu vernachlässigen. Die Ergebnisse im Glas wirken ausgebufft und lassen klar erkennen, dass sie sich in der großen Diplomatie zwischen Tradition und Neuzeit, gepaart mit reichlich Begeisterung und Kreativität, versteht. Der Nachweis, dass man mit einer veränderten Form des Weinbaus die gleiche Subtilität erreichen kann, wie in der Klassik oder der Moderne, sichert. Sie lebt und wirkt mit brachialer Leidenschaft in ihren Weinbergen und auf „großer Bühne“.

Backen mit Leidenschaft – Oliver Förster
„Ohne Kompromisse“ ist seit jeher das Leitmotiv von Oliver Förster. Die Qualität der Zutaten kommt stets zuerst und eine langsame, zeitaufwendige Verarbeitung derselben ist ein Muss.

Brot backen ist ein Handwerk – Ein feines Brot zu kreieren eine Kunst.

Dieser Satz begleitet Förster seither tagtäglich auf meiner Gratwanderung zwischen Handwerk und Kunst. Die stetige Suche nach neuen, außergewöhnlichen Zutaten und Kreationen hat den Ruf der Holzofenbäckerei Förster über die Grenzen hinauswachsen lassen und zeigt hier und da, welche hohe Handwerkskunst im Brot und auch im Brötchen stecken kann und auch muss.

So sind sie…kompromisslos und früh am Ofen, demütig und bei jedem Wetter im Weinberg und dort etwas wehmütig gepaart mit Sanftmut an den Töpfen der Kochkunst… alle sind sie etwas charmant undiszipliniert in der Öffentlichkeit, aber letztlich überzeugend in ihrer unvergleichlichen Art der Produktpräsentation und ihrer außergewöhnlichen Handwerkskunst.

Morgens kurz nach acht Uhr im lauschigen Innenhof des Hotels Jordans Untermühle. Es ist einer jener Momente, an welche man sich noch lange erinnern wird. Die sonnige Herbstfrische weht durch den baumreichen Innenhof und einige Vögel spielen einen Reigen zwischen dem tanzenden Grün. Im Gedanken haftet eine herrlich-belebende Erkenntnis: Einfach riesig diese „Typen mit Charakter“ … Hammen, Förster und Crisóstomo.

https://www.jordans-untermuehle.de

https://www.weingut-hammen.de

Holzofenbäckerei Oliver Förster / Bahnhofstr. 81, 55278 Hahnheim / 06737 711423

https://holzofenbaeckerei-foerster.business.site

Sehnsucht nach Genuss – Restaurant Beichtstuhl in Heilbronn

Und immer mal wieder nimmt sie mich gefangen… die Sehnsucht nach der charmant-großherzlichen Gastfreundschaft. Und eine weise Regel besagt: Das schönste an der Sehnsucht ist eigentlich, dass man nicht enttäuscht werden kann. Nach meinem allwöchentlichen Ritt durch den nie perfekt gestalteten Terminkalender fand ich mich zum Ende der Woche ganz schnell wieder an diesem, mir so liebgewonnenen Sehnsuchtsort im romantischen Beichtstuhl. Das Restaurant ist nicht nur Sehnsucht, sondern auch Kreativwelt meiner Seele.

Hier, zwischen Neckarufer und liebenswerter Innenstadt hat sich der Beichtstuhl in den Gassen versteckt, denn wer mag gern im Gewimmel der Stadt öffentlich Buße tun oder bester Genüsse beraubt werden.

Völlig entspannt und ganz weit weg jeglicher Buße, gepaart mit einem sehr sensiblen Gespür für feinste Köstlichkeiten der Region, zaubert der Inhaber und Chefkoch Fabian Lidak umgeben von einem talentiert-engagierten Team einen bunten Genussfächer in die Sinne. Die Ideen der Restaurantmacher sind von göttlicher Natur: Beim „Sharing“ lässt sich vorzüglich austesten, ob das Teilen auch Freude und Freunde bereitet, denn teilen kann so bereichernd sein. Ob Zeit, Vermögen, Erfahrungen oder Genüsslichkeiten im Beichtstuhl. Sharing á la Beichtstuhl heißt, die Gäste bekommen Gerichte – plus Weinempfehlung – serviert, die jeweils auf 2 Personen ausgelegt sind. So können bis zu 8 Leuten sich diese kunterbunte genüssliche Auswahl als ein entsprechend umfangreiches Essen teilen. Aber auch sämtliche Zwischenvarianten (z.B. 2 Gerichte für 4 Personen, 3 für 6 oder 4 für 8) sind möglich. Gemeinsam genießen ist eben manchmal die schönste Art von Genuss. Im zweiten Teil der Speisekarte wird es dem Gast sinnig-leicht gemacht, das richtige Menü unter den vielen Kreationen der Küche zu wählen. Der Vierklang des Genusses lautet im Beichtstuhl „Locker, Modern, Gehoben, Sharing“.

Ich durfte vorzüglich und ohne in Buße zu gehen erkennen, dass die Küche von Fabian Lidak ein Ort der Gegensätze ist: traditionell und modern, regional und kreativ. Ja, es sind viele Glücksgefühle, die auf dem Teller in Szene gesetzt sind und es sind ganz viele Genussmomente, die der Gast gerne in seinen Erinnerungen parkt. Zweifelsohne gehört hierzu auch die charmante Herzlichkeit der Sommeliere und Restaurantleiterin Lisa Neubauer. Ihr gelingt, was vielen ihrer Kollegen selten… ja fast nie gelingt. Es fällt mir wahrlich nicht schwer, ihrer Weinauswahl zu vertrauen: Große Weine von jungen Weinmachern der Region Heilbronn. Ausgezeichnet! „In vino heilbronnitas – im Wein steckt Heilbronn“ nennt sie ihre ganz besondere, kleine, Weinprobe. Dabei kredenzt sie ein Quartett ausgesuchter Weiß,- Rosé- und Rotweine von renommierten Weingütern aus der Region. Der Gast erhält ein Handout mit allen relevanten Informationen zu Herkunft und Charakter der Weine bereichert mit kleinen, feinen, Anekdoten zur großen Welt der Weine.

Es war ein unbeschwerten Restaurantbesuch, denn für die sorgfältig zubereitete Speisen und der vorzüglichen Weinberatung wurde ein angemessener Preis aufgerufen.

Den Sehnsuchtsort wieder zu verlassen ist geradezu tragisch! Was bleibt: Der Geschmack von Sehnsucht.

Mensch Männl, das Fräulein Enkelin macht cafétastisch in Weinheim

Ja es gibt sie, diese ganz besonderen Orte, an die man gern zurückkehrt. Wenn dann die gehegten Erwartungen nicht enttäuscht, sondern die angenehmen Erinnerungen bestätigt werden, ist dies doch meist auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Das Café Fräulein Männl in Weinheim ist so ein genüsslicher Ort.

Die charmante Inhaberin Denise Pitzer und ihr lebendig-frohgelauntes Team tun sehr viel dafür, dass die Genusssinne der Gäste mit immer wieder neuen Eindrücken und allerlei Feinheiten bereichert werden. Der selbstgebackene Kuchen, ausgezeichneter Kaffee wie auch die Weine des Hauses – hier ist die Pfalz und Rheinhessen mit besten Tropfen ausgezeichnet vertreten – tragen bedeutend zur Genusssteigerung bei. Es ist also kein Wunder, dass diese Institution am Rande der Weinheimer Altstadt von vielen, glücklichen, Wiederkehrern besucht wird. Dass das Cafe ein sympathischer Ort ist, spürt man ganz besonders am Service, bei dem man hier nicht mit der üblichen Fluktuation im Gastgewerbe zu kämpfen hat, sondern der konstant ist – was sich glücklicherweise sehr auf die zuvorkommende Freundlichkeit auswirkt.

Im Grunde wirkt das Cafe wie ein umgebautes und in helle Farben gefasstes Wohnzimmer mit allerlei Erinnerungen an eine längst vergessene Generation. Die Geschichte von Denises Opa „Männl Krautinger“, einer Konditoren-Legende, welcher bis vor 20 Jahren eine traditionelle Zuckerbäckerei in der Fußgängerzone betrieb, wird hier und da wieder lebendig. Diese ganz besondere Hommage gepaart mit Tradition und Regionalität macht verbunden und wirkt heimelig auf Geist und Seele. Die unterschiedlichen, teils verwinkelten Räume im Erdgeschoss eines denkmalgeschützten Bauwerks bietet viel Platz und Gemütlichkeit. Davor eine romantische Terrasse, die dazu einlädt bei warmen Temperaturen das Laissez-faire der prächtigen Altstadtgassen bei einem ausgiebigen Frühstück oder einem Glas Rieslingsekt zu genießen.

Die Speisekarte des Hauses bietet Frühstück und Vesper für den ganzen Tag. Endlich auch ein Kaffeehaus, welches auch für Spätaufsteher ein leckeres Frühstück bietet.

Mein Männl’s Frühstück zur Mittagszeit ist die Käseplatte. Fein arrangiert mit einer frischen Käsevariation und einer ganz fantastischen Schafskäsecreme, Trauben, Feigensenf und bestes Brot wie auch Baguette vom Birkenauer Handwerksbäcker Uwe Brehm überzeugen all meine sensiblen Sinne. Dazu bestelle ich mir ein frisches Landei vom Fichtenhof Hilkert und klar… ein Glas Rieslingsekt vom Sektgut Krack in Deidesheim. Alles in allem ein prächtiger Strauß angenehmer Genussmomente, der es einem leicht macht, den Wimmel-Alltag zu vergessen.

Mit dem Cafe hat sich Denise einen Traum erfüllt und mich freut es immer wieder, auf ihrem Bänkchen zu sitzen.

Café Männl / Hauptstraße 155, 69469 Weinheim / 06201.3899976