Hier, unweit der Bergstraße, im romantisch-gemütlichen Odenwald, bieten die sanften Bergkuppen faszinierend-schöne Blicke in Mittelgebirgslandschaften. Viele, dieser herrlichen Wanderwege sind zugleich auch Grenzlinien. An eben solcher Grenzlinie, der historischen Grenze zwischen Kurpfalz und Kurmainz grasen völlig entspannt mit einer Spur Arroganz kräftige Präriebisons, welche doch eher in Nordamerika ihren Ursprung haben, auf den satten Weiden rund um das historische Anwesen Lammershof. Hin- und wieder schauen sie auf und verfolgen mit neugierigen Augen, was die Wanderer entlang der Weide so treiben.
Die Kurfürsten von der Pfalz und von Mainz wurden 1232 zu Konkurrenten, als das Kloster Lorsch mit seinem riesigen Besitz im Odenwald seine Reichsunmittelbarkeit verlor. Konkurrenzlos zufrieden, ja fast unmerklich, hingegen liegt das charmant-romantische Hotel und Restaurant Lammershof unterhalb des historischen Wittelsbacher Grenzweges im Löhrbacher Tal. Der Lammershof, ein 1709 erbauter historischer Fachwerkhof war vor Jahren noch grausig-gespenstisch verfallen, gefangen in finster-nassem Gebälk, Rohre von der Kälte zerborsten und von allerlei Modrigkeit befallen dämmerte das Anwesen seinem finalen Niedergang entgegen. Heute, fünf Jahre später, ist nichts mehr übrig von der traurigen Tristesse in verwunschenen und gespenstischen Mauern. Als der Unternehmer Dr. Matthias Berg diese „Bruchbude“, umgeben von 45 Hektar bestes Weideland, 2011 erbte befiel ihn relativ rasch die Vision hieraus ein Landhotel mit Restaurant zu schaffen. Zugleich wagte er sich in die nachhaltige Landwirtschaft gepaart mit einer ganz speziellen wie auch sensiblen Viehzucht. Während viele seiner Unternehmerkollegen gern ihr Vermögen in edle Weingüter oder Fincas versenken, setzt Matthias Berg und seine Frau Darina mit Vernunft und Gespür auf Bisons und Gallowayrinder gepaart mit ganz viel Hoffnung auf ein jung-kreatives Küchenteam, welche gemeinsam mit den Bergs das Restaurant, Hotelbetrieb und das Landgut führt.
Die Küche folgt der Vision von Familie Berg. Eine authentisch-ehrliche Kochkunst, welche zu keiner Zeit abgehoben noch dilettantisch daher kommt. Kein nutzloser Schnick-schnack, kein Schickimicki… einfach bodenständig, regional und verdammt ehrlich. So wie Kochkultur heute funktioniert. Die kreativ-lebendige Küchencrew überzeugt als funktionierendes Team, dass ihre Kochkunst als Handwerk verstehen und die von ihnen in Szene gesetzten Produkte einen ehrlich-authentischen Charakter verleihen ohne den Weitblick noch den Horizont zu verlieren.
So kommt als Hauptspeise ein prächtiges Pfund weißer Stangenspargel mit neuen Kartöffelchen und ein prächtiges Stück Galloway-Filet daher. Der Spargel, hier in feiner Genusskultur. Sein edles Aroma unverfäscht und fein mit zerlassener Butter garniert, schmeckt dezent und zergeht perfekt auf der Zunge. Das Fleisch präsentiert sich besonders zart, geradezu butterweich, ist die Konsistenz und spätestens mit der ersten Berührung im nun sinneswachen Gaumen wird die Macht seiner großen Aromatik deutlich. Leicht nussig und eine feine Spur von Wiesenkräutern. So soll… ja so muss Fleisch schmecken. Dazu… leicht ungewöhnlich und dennoch perfekt, ein 2015 Freinsheimer Oschelskopf Riesling von Jürgen Krebs. Seine fein-fruchtiger Note flirtet völlig ungeniert mit meiner Nase. Eine Spur Honigmelone gepaart mit Ananas und Orangenblüte nimmt den Gaumen vollmundig ein.
Rhabarber Strudel mit Vanille Sauce und einem intensiven Rhabarbersorbet runden mein heutiges Menü ab. Chapeau! So schmeckt der Frühling. Herzlich frisch, leicht säuerlich und liebevoll-schmelzig auf der Zunge. Der Strudel leicht, lecker und ganz weit weg von schwer.
Ja! So ist es hier: Weder gefälscht noch gekünstelt. Hier wird nicht am Stern gebastelt noch an den Nerven der Gäste gezerrt. Die Portionsgrößen im Lammershof sind weder minimalistisch noch opulent angelegt, sondern das ideale Mittelmaß aller Genüsse. Alle Zuordnungen auf dem Teller sind so angelegt, dass man mit wenigen Bissen ein prachtvolles Geschmacks- und Sättigungserlebnis erfährt ohne in einem geballten Fragenkatalog zu ermüden. Hier wird mit ganz viel Leidenschaft gekocht und mit viel Servicefreude verführt.
Definitiv: Auch wenn kein Stern sein Lokal schmückt. Hier, in Bergs Aromenstube, sind die Gäste Mittelpunkt und die Produkte jener Stars, welche er vorzüglich in Szene setzt. Und ebenso definitiv… werden Genuss-Menschen bereits auf dem Nachhauseweg…die liebevoll-charmante Servicefreundlichkeit vermissen.
Nach einer solch genüsslichen Begegnung mit der ursprünglich-ungezähmten Küche der „Stube“ im Lammershof folge ich dem historischen Grenzweg der Erben von Lorsch, welcher sich entlang des Horizonts über der Lammershof zieht. Die Abendsonne malt ihre atemberaubenden Farben in die Weidenhänge. Leuchtendes Gelb, sattes Orange, flammendes Rot tänzeln inmitten der satten Wiesen bevor die Sonne den Tag verlässt. Ein sanfter Abendwind streichelt über die Grenzlinien der Wittelsbacher. Es wird nun auch mir klar… worum man sich bereits 1232 so heftig stritt.
Gern war ich hier und herzlich gern komme ich wieder.
Hotel & Restaurant Lammershof / Abtsteinacher Str. 2, 69488 Birkenau / 06201 845030