Ein zufriedenes Miteinander mit Boden- und Familienhaftung

Mal aufmerksam, mal bedächtig und dann auch ganz gern quirlig-leidenschaftlich… Charlotte Meiser ist weit weg von langweilig und einfach gestrickt. Die Welt ist doch zauberhaft bunt und hat noch ganz viele, vernachlässigte Strickmuster, welche es gilt neu zu beleben ohne jedoch die Geborgenheit der Tradition zu vernachlässigen.

Charlotte Meiser ist weitgereist aber dennoch geblieben. Hat an der Fachhochschule Geisenheim Internationale Weinwirtschaft studiert, bei von Winning in Deidesheim, im Bordeaux, im Burgenland und in Neuseeland über so manche Schulter geschaut, kräftig mit angepackt und so neue Horizonte wie auch  Feinheiten des Handwerks entdeckt und dabei ihr vielfältig-vinologisches Talent kultiviert. Und dann… stand sie wieder gepaart mit herzlich viel Leidenschaft im Keller des Familienbetriebs und begann mit viel Sensibilität und einem sicheren Instinkt ihre ganz eigene Handschrift in die Weine zu zeichnen. 

Wer vor vielen Jahren durch die Weinberge rund um Alzey stapfte, fand nie Kräuter und meist recht wenige Zeichen von Leben. Hier wurde auch mal sehr engagiert und hart gegen die Natur gekämpft.

Charlotte Meiser mag nicht gegen die Natur kämpfen, sondern sich sehr sensibel mit ihr auseinandersetzen und sich mit ihr auf ein zufriedenes Miteinander arrangieren, denn letztlich sind wir selbst ein Teil der Natur. Und ganz klar: Hier kommt der Boden in die Flasche. 

Die Riesling- und Burgunderreben der Meisers stehen auf Kalkstein, Buntsandstein und Rotliegenden. Es ist ihnen sehr wichtig, die Gesundheit und Fruchtbarkeit ihrer Böden zu erhalten, daher wird nur organisch mit Stallmist aus der eigenen Landwirtschaft gedüngt und zwischen den Rebzeilen eine artenreiche Begrünung gesät.

Häufig riechen Weißweine nach exotischen Früchten. Die Weine vom Weingut Meiser hingegen duften nach Heimat, nach den Wildkräutern und dem Terroir der Gegend und sind daher so wunderbar unterschiedlich und spannend.

Bei den Meisers sind ständig und unüberhörbar Leidenschaft und Verantwortung im Spiel. Auch haben sie bereits früh erkannt, dass man ein Klischee mit einem anderen erschlagen muss, um neue Wege zu entdecken. 

Hier im Weingut ist von Stress und Generationenkonflikt keine Spur. Die Meisers sind traditionsbewusst, aber gleichzeitig auch weltoffen und innovativ. Sie verknüpfen Vergangenheit und Zukunft. Schnelllebige Trends beobachten sie zwar sorgsam, lassen sie jedoch an sich vorüberziehen, denn es gilt dauerhaft Kostbares zu schaffen. Sie sind Weinmacher, die entgegen der gängigen Trends und Konventionen an erfolgreicher Tradition festhalten und noch immer und verdammt gern auf einen gepflegten Fasskeller zurückgreifen. Hier werden Weine in aller Ruhe spontan vergoren und hier lässt man den Weinen reichlich Zeit, um ihre Komplexität und eine charakterstarke Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Auch wenn echte Handwerksarbeit wie ein Begriff aus längst vergangener Zeit klingt, so ist sie doch der Garant für dauerhaften Erfolg. Das Zusammenwirken vieler kleiner Details, wie der von Generation zu Generation weitergegebene Erfahrungsschatz, hohes handwerkliches Können, besonderer Ehrgeiz, das beständige Bestreben zu den Besten zu gehören und die Liebe zum Beruf des Winzers machen diese Familienbande einzigartig und erfolgreich. 

 

Weingut Meiser, Alzeyer Str. 131, 55239 Gau-Odernheim

Pfalz. Jürgen Krebs! Wie der Mensch so sein Wein. Ganz viel Charakter eben!

Yeap! Das ist ein wahrer Charakter, welcher in unmittelbarer Nähe zum historischen Stadttor des idyllischen Winzerortes Freinsheim sein Unwesen treibt. Verdammt bodenständig, brutal ehrlich und jederzeit strahlt seine Lebensfreude auf sein Umfeld ab.

Jürgen Krebs passt in keine der üblichen Schubladen. Eine solche müsste ohnehin dem Einmeterneunzig-Mann angepasst werden und könnte nie verschlossen sein. So wie der Typ so seine Weine. Reich an Ausdruck, Lebendigkeit und großem Charakter. Nicht Brachialgewalt sondern Sanftmut und Geduld sind in seinem Weine spürbar. Seine Prägung und seine unverkennbare Leidenschaft wurden ihm sicherlich in die Wiege gelegt. Seine Inspiration und die Sensibilität zum Handwerk im Weinbau stählte er bei den VDP-Größen Knipser und Kuhn. Er nennt es allzu gerne „Laumersheimer Gehirnwäsche“, die ihm dort widerfahren ist. Seit 2008 führt er kontinuierlich und mit ganz viel Liebe zum Wein seine Produkte auf die Weltbühne ohne sich selbst ins Rampenlicht zu bringen. Schließlich trägt der Wein das feine Kleid. All seine Weine überzeugen durch inhaltliche Kraft, Dichte und Aussage. Sie erzählen von Hitze, Kälte, Sturm und Regen, von Natur und von den Menschen, die an seiner Entstehung beteiligt sind. Der Großteil seiner 22 Hektar Rebfläche liegen in den weltbekannten Lagen: Freinsheimer Musikantenbuckel und Oschelskopf sowie Herxheimer Honigsack. Die Böden sind geprägt von Löss, Lehm, Sand und Kalk. Er hegt und pflegt seine Reben sorgsam. Schließlich sind ein kurzer Rebschnitt, intensive Laubarbeit, strenge Ertragskontrolle, intensive Selektion und ein erfahrenes Auge für die eigenen Weinstöcke sind unerlässlich für seinen hohen Qualitätsanspruch.

Besonders imponiert haben mir der 2017 Freinsheimer Oschelskopf Riesling auf dem mittleren Gross trocken, welcher mit fein-fruchtiger Note meine Nase verzückt. Eine Spur Honigmelone gepaart mit Ananas und Orangenblüte nimmt den Gaumen vollmundig ein und lässt ein wenig die 7,5 % Säure bei einem Restzucker von nur 1,0 g spüren bevor weiße Johannisbeere die Harmonie ins Spiel bringt.
Unbedingt auch ein Genuss: Der 2015 Viognier. Dieser Wein begeistert durch seine ausgeprägte florale Note, erinnernd an Veilchen und Maiglöckchen. Am Gaumen präsentiert er sich sehr komplex mit Anklängen von gelben Steinfrüchten und einem Hauch Lavendel. Hinzu kommt eine schmeichelnde Säure, die dem Wein eine gewisse Crémigkeit verleiht, ihn jedoch keinesfalls langweilig erscheinen lässt. 

Und dann…. der 2019 Herxheimer Honigsack Riesling trocken, welcher die Sinne sogleich mit einem würzig-mineralischen Duft mit saftiger Frucht aus Mirabelle und gelben Äpfeln bereichert. Im Gaumen kommt er zunächst zart mit saftig-reifem Fruchtkörper daher und bringt dann sogleich seine 8 g/l Säure und einem Restzucker von 1,0 g ins Spiel.

Die Leidenschaft der Familie Krebs, Reben zu pflegen, reicht über Generationen zurück. Ihre fast 100-jährige Geschichte führen sie mit dem Ziel, eine Balance zwischen Tradition und Moderne zu schaffen, fort. Nicht Effekthascherei und Marketingtrends, sondern handwerkliches Können und behutsamer Umgang mit der Natur stehen im Zentrum ihres Handelns. Für Jürgen Krebs ist die Welt hektisch genug. Seinen Weinen möchte er die notwendige Zeit zum Reifen geben. Der Weinkeller ist der Ort der Weinentstehung und der Reifephase, in der die Weine die nötige Zeit bekommen um ihrer Persönlichkeit vollen Ausdruck zu verleihen. Das Zusammenspiel von Erfahrung und Innovation lässt Weine entstehen, die mit ihrer unverwechselbaren Komplexität und Eleganz das Kleinklima und den Boden der Weinregion Freinsheim widerspiegeln. Damit schafft Jürgen Krebs jenseits technischer Produkte ein unverwechselbares und lebendiges Kulturgut.

 

Weingut Jürgen Krebs / Großkarlbacher Straße 10, 67251 Freinsheim / 06353 3149

https://www.weingut-krebs.eu

Rheinhessen. Das Laisser-faire großer Weinkultur – Weingut Johanninger

Dort oben… an der oberen, nördlichen Ecke Rheinhessens schwingen sich die Weinberge zum Paarlauf mit der Nahe. Drehen mal im Sonnenaufgang und mal im Mondschein eine sanfte Pirouette und laden Romantiker wie auch Sinneswandler zum gemütlichen Zusammensein bei bestem Wein in herrliche Naturlandschaften zum Genussschaukeln ein. Fast unbemerkt aber umwerfend eindrucksvoll lohnt ein Stopp bei den Johanninger im nahen Biebelsheim. Das Weingut wie auch das grandios-charmante Restaurant Nickl‘ Speisekammer versprechen ganz sicher mehr als nur ein Stelldichein.

Und nun… sitze ich hier… im Hof der Johanninger. Mal hitzig, gern auch mal leidenschaftlich, meist mit einem Glas charmant entspannt, dem fordernden Alltag abgewandt, ohne die Blicke für das Wesentliche zu verlieren, begegnen mir im Weingut Johanninger drei kreativ-leidenschaftliche Weinkreateure mit einem Sammelsurium von Herz und Verstand abseits der ausgetrampelten Pfade in gemütlich-genüsslicher Tischkultur. Sie sind der lebendige Inbegriff von Freiheit und Laisser-faire großer Weinkultur. Sie bilden ein lebensgewaltiges Trio, das es vorzüglich versteht, großartige Weine zu kreieren ohne sich zu verirren. Sie leben seit mehr als zwanzig Jahren eine innig-schulterharte Freundschaft, eine lebendig-familiäre Hof- und Weinschmiede und sind wahrlich auch jene authentisch-ehrlichen Typen mit dem richtigen Blick auf die Zukunft.
Hemdsärmelig und ach so angenehm offenherzig sorgt Weinkreateur, Gründer und Ideengeber Markus Haas für die Gestaltung der Betriebskultur sowie für die pragmatischen Tonlagen, steht wie ein Fels im Weinberg und verliert … fast nie… den Überblick. Die satte Verantwortung haben sie alle, doch Kellermeister Oliver Herzer trägt sie mit allen Sinnen und viel Engagement auf breiten Schultern, gibt wichtige und zielführende Impulse ohne dabei die Haltung und wichtige Tropfen zu verlieren.
Bescheiden und auch mal gern im Hintergrund verliert Gabriel Schmidt nie den Blick über all das Tun im Gut wie auch im Weinberg. Er ist Kommunikator und Dirigent eines gewaltigen Orchesters und sorgt meist für die richtigen Anschläge und Takte.
Die Liebe zur Natur haben sie gewissenhaft in ihre DNA eingepflegt. Sie ist Verpflichtung und Berufung zugleich. Folglich verzichten die drei Weinmacher konsequent auf Kunstdünger und auf Pestizide und betrachten ihr Tun nicht nur aus der materialistischen naturwissenschaftlichen Sicht der Landwirtschaft sondern wollen auch das Wesen dahinter entdecken. Meist begegnen sie dabei der Philosophie und dem Wesen der Dinge. Jene Dinge, die die Welt im Innersten zusammenhält. Mit diesem anthroposophischen Weltbild will man diese naturwissenschaftliche Sicht ergänzen und daraus Handlungsempfehlungen für das eigene Tun und der Wertschätzung gegenüber der Natur entwickeln. Klar! Die Trauben werden größtenteils sorgsam von Hand gelesen und schonend im Weinkeller verarbeitet und in den imposanten Gewölbekellern trocken ausgebaut.

Und allen gemein… sie sind studierte Weinmacher und haben den satten Sound und die innige Liebe zu Wein, Familie und Gesang … und präsentieren, ganz ungeniert, ihre Lebensphilosophie im Glas. Den Vortritt hat der „Johanninger Pinot Rosé Brut. Wie alle Sekte ist er in der eigenen Sektmanufaktur, im tiefen Gewölbekeller mit langem Hefelager entstanden. Der Rosé tanzt geradezu im Glas. Feine Kupferperlen tummeln sich im lachsfarben-dezenten Schäumchen. In der Nase ein finessereicher Duft nach roten Früchten und Brioche. Das weinige Mousseux und die aromatische Textur führen in ein klares und langanhaltendes Finale. Ein gewaltiger Rosé-Sekt. Vollmundig und betörend zugleich.

Und allen gemein… sie sind Grenzgänger. Ihre Weinberge liegen seitenrichtig an der Nahe und in Rheinhessen, ihre Weine klar an der Grenze jedoch keineswegs abseits. Im Glas glänzt der „Johanninger Biebelsheimer Riesling Stein 2019“. Die Nase wird eingenommen von exotisch-gelben Früchten mit einem Touch Limetten und Aprikose. Eine opulente Fruchtigkeit mit feiner Mango im Vordergrund tapeziert den Gaumen. Ein starker Riesling, welcher hart an den Nerven zerrt. Chapeau!

Die Feinheiten großer Töne

In einer der besten Lagen der Nahe und ganz nah am Himmel wächst ein satter Grauburgunder. Der ausdrucksstarke Lagenwein „Grauburgunder Kreuznacher Himmelgarten“ bereitet, dank seiner fast 50 Jahre alten Reben ein prächtiges Gaumenvergnügen. Mächtig, fleischig, würzig, leicht nussig gepaart mit erdigen Noten, welche klar den kalkhaltigen Mergel widerspiegeln. Die Nase wird umgarnt von feinen Barriquetönen gefolgt von zartfruchtigen Noten, welche an reifes Steinobst erinnern. Auch hier fasziniert und begeistert das Trio zugleich. Es wird klar, das Trio beherrscht fast infernal jede Tonart.

Und… klar! Allen gemein ist das Vertrauen in die Zukunft, das Vertrauen in die nächste Generation, welche bereits kräftig in den Fässern rührt. Lara Haas, die feinfühlige Tochter von Markus erobert für die Familie Johanninger den Gaumen der Dänen. Außer Marketing und Vertrieb ist auch das Weinmachen für sie mehr als nur ein Debüt.

Weingut Johanninger / Hauptstraße 4-6, 55546 Biebelsheim / 06701 8321

https://www.johanninger.de

 

Pfalz. Unverfälscht! Nie vollkommen! Querdenker! – Gerhard Schwarztrauber

Ein kräftiges Wolkenband hat Einsehen und überlässt der Sonne den morgendlichen Auftritt in den Weinbergen bei Mußbach. Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen das süße Leben in seinen Trauben erwecken, hat sie Gerhard Schwarztrauber bereits in Augenschein genommen und horcht demütig in den Weinberg hinein.

Es ist sechs Uhr früh… die erste Lichterkette zieht Richtung Autobahn und hinten am Horizont bekommen die Berglandschaften ihre ersten Konturen. Die Feuchtigkeit der Nacht verlässt den Boden… Regenwürmer schlängeln sich über die kleinen Erdhügel und machen das Biotop Weinberg lebendig. Es ist der Respekt für das mannigfach-komplexe Ökosystem Weinberg und das Streben nach gütlich-höchster Qualität, ganz weit weg von sesselgemütlich, was Gerhard Schwarztrauber täglich in den Weinberg treibt. Für ihn sind die facettenreichen Bakterien- und Insektenwelten in seinen Weinbergen keine Störenfriede, sondern herzlich gern gesehene Gäste und Mitgestalter für ein stabil-gesundes Ökosystem und für großartige Bioweine.

Nein Biowein ist kein Verlegenheitswein oder eine Modeerscheinung für Gesundjünger!

Biowein ist eine Wertschätzung gegenüber unseren Natur- und Kulturlandschaften und ein Versprechen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Bereits vor 35 Jahren hat sich Gerhard dem Biolandverband angeschlossen und seither konsequent, den Bio-Richlinien folgend, die Bodenqualität seiner Natur- und Kulturlandschaften verbessert. In den Gassen von Mußbach haben sie ihn laut und verquer belächelt. Gerhard Schwarztrauber ist sich jedoch, allen Unkenrufen zum Trotz, seiner wahren Passion gefolgt, hat mit harter, zukunftsgerichteter Pionierarbeit den konventionellen Weinbau revolutioniert, beflügelt und sich in Folge an die Spitze der Biowinzer gesetzt und letztlich, nimmermüde in tiefster Überzeugung, sich für eine friedlich-gesunde Koexistenz mit der Natur eingesetzt. Mit Erfolg, denn heute wird sein Wirken in der gesamten Branche wertgeschätzt und gutiert. Er verzichtet konsequent auf chemisch-synthetische Düngemittel, weil er das komplex-lebensnotwendige Wirkungsgefüge der Naturlandschaften nicht zerstören will. Während er draußen im Weinberg hart arbeitet und seinen Reben verdammt viel Aufmerksamkeit gönnt, herrscht im Keller „konsequentes und kontrolliertes Nichtstun“. Die Weine werden schonend vergoren und erhalten all jene göttliche Reifezeit, die sie benötigen um später nachhaltig und in höchster Qualität zu glänzen. All sein Tun wird immer wieder neu überdacht und ständig weiterentwickelt. Seine Weine sind stilistisch sauber und fein gestaltet. Klar! So liegt auch gleich lebendig und lebensfroh ein „Riesling trocken 2019er Mußbacher Eselshaut“ im Glas. Die Nase taucht in eine facettenreich-gelbe Frucht mit Anklängen von Weinbergpfirsich, Zitrus und Maracuja ein. Ein Wein, der am Gaumen mit seiner großen Finesse gepaart mit einer dezenten Frische spielt und sich dort recht wohl fühlt. Ein Riesling der Spitzenklasse.

Der „2019 Chardonnay Edition Papillon trocken“ kommt mit einer dezenten Holznote daher und glänz zart-golden im Glas. Die Nase wird erfasst von frisch-fruchtigen Aromen, welche an Ananas und Papaya sowie in Nuancen an Haselnuss und Vanille erinnern. Leicht cremiger erfasst er den Gaumen und begeistert mit viel Tiefgang und Frische. Ein großartiger Chardonnay mit viel Lust auf mehr.

Bei all seinen Weinen und der Begegnung mit ihm wird klar: Gerhard Schwarztrauber ist ein Weinkreateur, ein sehr charmanter Visionär, Querdenker und ein Charakterkopf ohne Starallüren. Ein Typ, der nie aufhört zu denken, zu philosophieren und zu probieren. Er steht und überzeugt für unverfälscht vollkommen natürliche Weine mit unvergleichbarer Lebendigkeit. Ganz besonders für die Rieslinge, die das Terroir perfekt wiederspiegeln. Die Frucht und Säure seiner Weine sind nahezu perfekt ausbalanciert. Die vielfältigen Aromen jedes Weins lassen sehr authentisch ihre Herkunft und sein Terroir erkennen.

Gerhard Schwarztrauber / Lauterbachstraße 20, 67435 Neustadt/W.-Mußbach / 06321 968561

https://www.schwarztrauber.com

 

Rheinhessen. Die vinologische Seele der Hölle – Weinkreateur Alexander Gysler

Hier draußen inmitten von Rheinhessen ist die Welt mal ganz anders, ruhiger, beschaulicher, nicht hässlich, nicht gewöhnlich und auch nicht laut. Weder launisch und auch nicht kalt. Diese Welt im Westen von Alzey ist gar nicht einfach, aber authentisch und traumhaft schön. Und die Weinlagen und deren Erträge mehr als “nur” ein Ereignis. Und definitiv jeder Schluck ist mindestens und zu jeder Zeit eine Reise wert. Auch wenn es dann die Hölle ist, die fasziniert.

Alexander Gysler gehört sicherlich zu jenen wenigen Zeitgenossen, welche mit viel Freude und Zuversicht in die Hölle gehen. Dort, in der Weinheimer Hölle unweit der Andachtsstätte „Weinheimer Kirche“ wurzeln die alten Rieslingreben, aus welchen göttliche Weine entstehen, im rotliegenden Sandstein. Nein, nein! Alexander Gysler ist weit weg von einer Verbannung, denn die Begrifflichkeit „Hölle“ bezeichnet einen leichten Abhang und ist als Flurbezeichnung stark verbreitet, hingegen seine Weine eher für einen langen, genial-genüsslichen Abgang stehen.

Auch das Anwesen inmitten von Weinheim setzt einige deutliche Ausrufezeichen. Seit 1750 war das Weingut bescheidener Lebenspunkt von Familie Gysler. Erst die 3. Generation, erst Alexander Gysler gab der Tradition ein neues Outfit, setzte neue Maßstäbe und veränderte das Leben im und um das Weingut. Da darf sich dann auch mal die Gotik in der Fassade der chicen Modernität verneigen ohne erdrückt zu werden. Auch im Weinberg stehen die Zeichen auf Zukunft. Eine gewaltige Exploration, der unbändige Wille, die Umwelt, die nahe Kulturlandschaft zu erkunden und sie gütlich in die Biodynamik zu führen, war mehr als nur eine Aufgabe und ist heute ein fettes Pfund für großartige Weine. Bereits in seiner Lehre bei Rainer Bergdolt und dem Studium in Geisenheim begann seine Auseinandersetzung mit der facettenreichen Welt von Naturweinen und der Biodynamik und… so ist Alexander Gysler eben – begann mit einer Fülle von Ideen seine ganz eigene, fast umkehrbare Philosophie zu entwickeln. So sind auch seine Weine: charakterstark, individuell, filigran. Es sind … wie er selbst… echte, ehrliche Typen mit einer vollreifen Persönlichkeit ! Es sind letztlich auch jene Weine, die gerne ab vom Chichi die Seelen zum Tanz in die Zukunft führen. Ein Prachtbeispiel dafür ist der „2016 Klangwerk-Riesling“ aus der Weinheimer Hölle. Nach „9“ Monaten Vollhefelager im Fass und später Abfüllung vereint dieser Riesling all das, was grandiose Rieslinge auszeichnet: eine prächtige Aromenvielfalt gepaart mit reichlich Finesse und Eleganz. In der Nase tummeln sich Aromen von Steinobst, Aprikose und einer Nuance Zitrus. Die Sinne im Gaumen werden vom mineralisch-fruchtigen Geschmack überzeugt.

Klar! Gysler arbeitet nicht nur im Weinberg, sondern auch im Keller mit viel Feingefühl für hohe Qualität ohne die Herkunft, Struktur und Substanz zu vernachlässigen. In seinem Wirken und seiner Methodik strebt er zu jeder Zeit und ohne Kompromisse nach Reinheit und verleiht somit seinen Weinen eine authentische Seele. So ist es weit entfernt von verwunderlich, dass er auch Naturweine in seiner Kollektion führt.

Beachtenswert und typisch für den Familienmenschen Alexander Gysler ist sein „ 2011 Riesling JC“. Dieser besondere Jahrgang ist eine Würdigung seiner Töchter Johanna und Caroline. Wertvoll, eigenständig und so wahnsinnig liebenswert. Ein Wein aus zwei spannend-unterschiedlichen Lagen: Weinheimer Hölle und Albiger Hundskopf. Entgegen der Hölle ist die Lage Hundskopf recht warm. So wie seine Töchter eben. Gemeinsam ergänzen sie sich wunderbar! Gegensetzlich, Eigensinnig, bodenständig und auch mal leicht und offen für mehr Tiefe. Auch hier ist die Tiefe, Kraft und die individuelle Struktur sowie Vitalität eines großen Weines erkennbar.

Yeah… bei Gysler kreuzen sich Seelen in Liebe, Demut und Dankbarkeit. Eine herrliche Welt, die erdet und inspiriert.

Weingut Gysler / Großer Spitzenberg 8, 55232 Alzey /  06731 41266

https://alexander-gysler.de

Pfalz. Weine mit Ecken und Kanten – Caro Bergdolt

Jede Begegnung mit Caro Bergdolt fasziniert und nimmt sogleich gefangen. Eine bodenständig-kreative Winzerin, fürsorglich-engagierte Mutter, ein Bauchmensch mit viel Empathie, freundlich und sympathisch, klar und strukturiert, tonangebend ohne zu strapazieren, liebt leichte Perfektion anstatt leichte Kost und ist… eine von zahlreichen Frauen in einer Männerdomäne, noch dazu eine, die ein erstklassiges Weingut führen und Zukunft gestalten kann.

Zunächst bewegte sie sich ganz weit weg von nett, weg vom Familienbetrieb. Machte eine kaufmännisch-fundierte Ausbildung, ging raus in die weite Welt und durfte große wie auch kleine Luftzüge schnuppern. Konnte mit allen Sinnen die Weiten von Neuseeland erspüren und auf deren Weingütern hantieren. War in Berlin Regieassistentin und arbeitete zugleich auch im Weinhandel. Es folgte ein Weinbau-Studium in Geisenheim – und die Rückkehr nach Duttweiler. Hier ist Familie, Heimat und ganz viel Tradition, welche bis ins Jahr 1754 reicht. Es ist gerade diese Tradition, die verzweifeln lässt aber auch Herausforderungen schafft. Tradition bietet auch ein wertvolles und tief verwurzeltes Fundament. Caro Bergdolt kann gut umgehen mit dieser Tradition und bekennt, dass man daraus lernen kann ohne stur daran festzuhalten. Das Leben ist eben immer in Bewegung und bietet doch auch viel Neues.
Caro Bergdolt und ihre Familie stehen für puristische, geradlinige Weine und Sekte mit Ecken und Kanten. Sie setzen vollumfänglich auf biologischen Anbau und ökologische Bewirtschaftung. Die Burgunder, die Leidenschaft von Caro, liegen meist unter einem Gramm Restzucker und dürfen sich Zeit für ihre Entwicklung und Entfaltung nehmen.

Caro Bergdolt, 2018 zur „Aufsteiger-Winzerin des Jahres“ gekürt, zählt definitiv auch zur deutschen Sekt-Avantgarde. Seit Jahren stehen die feinperlig-eleganten Sekte vom Weingut Klostergut St. Lamprecht konsequent an der Spitze der deutschen Sekt-Erzeuger. Auch die Weißburgunder und Rieslinge sind reich an Finesse und Reifepotenzial. Klar! Die charakterstarken Weine und Sekte aus dem Weingut sind nichts für zwischendurch, sondern immer für die großen und bedeutenden Momente des Lebens.
Überzeugend wie seine Kreateurin ist der starke, sehr komplexe „2012 Fluxus extra brut“. Fünf Jahre Hefelager geben dem Sekt eine feine Perlage. In der Nase kitzelt es in allen Facetten nach gelben Früchten gepaart mit Aprikose. Und dann die Spur mehr… einen leicht cremigen Touch von Brioche.
Die Weißburgunder sind ganz geradlinig, konsequent und trocken ausgebaut. Ein vorzüglicher Tropfen ist das große Gewächs „2017 Kirrweiler Mandelberg Weißburgunder“. Die Nase wird bereichert von Aromen nach Steinobst, Zitrusfrüchten und Kräutern. Am Gaumen tänzelt die saftige Frucht, zarte Mineralität und ein guter Schmelz. Chapeau!


Es war ein spannend-schönes Erlebnis, einer Winzerin zu begegnen, die der Tradition neue Farben hinzufügt ohne sich zu verbiegen. Die ihren Weinen jene Zeit gönnt, die sie zur Entwicklung brauchen. Sie sind eben zum Genießen. Es sind Weine mit Ecken und Kanten.

Weingut Bergdolt / Dudostraße 17, 67435 Neustadt an der Weinstraße / 06327 5027

Rheinhessen! Nico Espenschied – Ursprunglich. Unkonventionell. Lebendig.

Jede Begegnung, sei sie auch noch so flüchtig, hinterlässt auf die eine oder andere Art Spuren in meiner Seele. Jede Begegnung geschieht aus einem bestimmten Grund. Mit jeder Begegnung wird etwas angestoßen und manchmal führt die Begegnung mit Personen, die man nie wieder sieht, zu einer Begegnung mit anderen Menschen, die aus dem eigenen Leben nicht mehr wegzudenken sind.

Meine Begegnungen mit Nico Espenschied und seiner engagiert-liebenvollen Familie haben bei mir ganz viele Inspirationen hinterlassen und neue Seelenkitzler entdecken lassen. Mal in Goldgelb und auch mal in Orange.

Vergessen wir bitte die altklugen Schubladenmeinungen von zahlreichen „angestaubten“ Sommeliers oder Weinpäpsten. Vertrauen wir auf unsere eigenen Sinne und hüllen diese ein wenig in Orange, denn Orange ist en vogue. Orange ist die 4. Weinfarbe! Und „Orange Wine“, ist weder eine Modeerscheinung noch ein Verlegenheitswein oder ein wildes Kreativprodukt unerzogener Winzer, sondern auch ein echter Naturwein, der zunehmend zum Standardrepertoire jener selbstbewussten Winzer geworden ist, welche seit Jahrzehnten die Stilvorgaben von höchster Qualität lieferten.
## „Orange Wine“ ist ein auf der Maische vergorener Weißwein mit ganz viel Geschmackspotential.

Die Kunst des Weinkreateurs liegt darin, dass er die Maische (gepresste Beerenhaut samt Kernen) zunächst nicht vom Saft trennt, sondern ihnen eine längere Zeit zum „Spielen“ lässt, bevor er sein Erwachsensein erreicht. Es werden dadurch mehr Aromen und Gerbstoffe abgegeben und der Orange erhält eine zart-orangene Tönung. Die Naturburschen und -mädels von den wenigen Weinmachern, die sich auch am „Orange Wine“ versuchen, verzichten auf Zusatzstoffe wie Schwefel. Sie verwenden dann für die Gärung ausschließlich die Hefepilze, die auf den Trauben liegen. Im konventionellen Weinbau werden hingegen Reinzuchthefen eingesetzt, mit denen sich der Gärprozess präziser steuern lässt.

Klar! Oder unklar?! Bevor sofort und ohne Halt an der nächsten Kreuzung im Weinberg diese alberne Diskussion um die Qualität von Naturwein und dessen Haltbarkeit aufkommt: Verdammt viele Beispiele von kreativen Weinmachern zeigen, wie blitzsauber und gaaaaanz weit weg von banal und langweilig und trotzdem langlebig ungeschwefelte Weine sein können. Ab und an lese ich in den Tiefen der Weinwelt, dass solche Weine bereits nach wenigen Minuten im Glas oxidieren oder das hätte mit Wein nichts zu tun. Was für ein Blödsinn!!! Wer solche Urteile fällt, sollte unbedingt die Weine von Nico Espenschied seinen Sinnen zuführen. Danach ist das Thema formidabel geklärt, versprochen.

Nico Espenschied aus Flonheim begeistert mit seiner Kühnheit und neuen Kreationen. Gern experimentiert er über das Übliche hinaus ohne die Bodenhaftung und die Realität zu verlieren. Wenn es darum geht, der Premiumlage La Roche mit ihren Terra-Rossa-Böden neues Leben einzuhauchen, steht Espenschied an vorderster Front, krämpelt die Ärmel hoch und setzt auf ertragsschwache Riesling-Klone und nur ein klein wenig Sauvignon Blanc. Daraus entstand der 2016 Hautnah Sauvignon Blanc trocken, welcher fast wie ein Fliegengewicht im Glas liegt. Ein sattes Orangegelb mit fein-goldenen Reflexen öffnen die Tiefen der Sinne. Die Nase lässt sich von fein-kräutrigen Noten umschmeicheln., Brennessel und grünen Teeblättern aber auch fruchtig nach jungen Beeren und Zitrus. An der Luft wird es dann alsbald blumiger und fruchtiger. Stachelbeere, Holunder und Cassis übernehmen nun die Macht in der Nase. Am Gaumen tolle Balance und saftig, sehr strukturiert und lang mit zartem Gerbstoff und feinstem Säurespiel.

Unermüdlich und mit viel Hingabe kreiert Nico bereits im Weinberg große Weine. Mal eigensinnig und unkonventionell, mal ursprünglich und voller Ehrfurcht vor der Natur, mal laut und lebendig. Aber immer voller Kreativität und Selbstbewusstsein.

In seinen Lehr- und Wanderjahren lernte er im Burgund, in Sonoma Valley oder im Burgenland, dass oft genug Dinge im Weinberg und Keller passieren, die absolut konträr zum Lehrbuch stehen und dass das Vertrauen in die Natur das Wichtigste ist. Deshalb vertraut er ganz besonders auf sein Bauchgefühl und überlässt der Natur das letzte Wort.

Schonende Verarbeitung der Trauben, des Mostes und der Weine ist ihm verdammt wichtig. Sein Wein vergärt spontan, meist im großen Holz und bleibt lange auf der Mutterhefe. Keinerlei Schönungsmittel und wenn möglich verzichtet er auf eine Filtration. Am Ende stehen Weine mit viel Hand und noch mehr Herz, von erstaunlichem Charakter und Individualität. Alles andere ist ganz weit weg von gütlicher Handwerkskunst.

Weingut Espenhof / Hauptstraße 81, 55237 Flonheim /  06734 962730

https://nico-espenschied.de

Pfalz. Kein Ungeheuer aber ein ungeheuer dufter Typ – Philipp Lucas

Philipp Lucas, ein brachial-liebenswerter Mensch mit jeder Menge Dynamik zeigt, was die junge Weinbau-Generation leisten kann. Sportlich, drahtig, gepaart mit viel Lust und Leidenschaft, nicht wild und ganz weit weg von ungestüm, setzt auf Tradition und behutsame Veränderung.

Er kann und will richtig gute, charakterstarke und ehrliche Weine machen, weit er abseits vom Mainstreamgehabe agiert. Chic ist nicht gleich Qualität. Chi chi selten ungeschminkt. Philipp, exzellent ausgebildet, schöpft vor allem vom Wissen und der Erfahrung seines Vaters Klaus und gestaltet sehr gewissenhaft nach den Grundzügen der Bio-Zertifizierung Weine, die bereichern. Spitzenqualität benötigt beste Böden und 100% Handarbeit. Der Großteil seiner Rebstöcke steht in den Spitzenlagen von Forst, Deidesheim und Wachenheim. Sie sind tiefverwurzelt im Terroir und dem natürlichen Wechselspiel der Natur ausgesetzt. Bringen, dank ihres Alters, einen unverwechselbaren, markanten und authentischen Charakter. So soll es bleiben, kein Gimmick, keine Berieselung, denn die Tradition verrät: „Die Rebe ist eben wie ein Gaul, sie macht, was sie muss“!

Die Reben des Forster Ungeheuer Riesling trocken 2019 wurzeln tief im Buntsandstein und im Kalkgeröll. Die Nase wird erfasst von füllig-gelben Früchten und einer fein-würzigen Frische. Seine perfekt eingebundene Säure macht diesen Riesling prächtig und ausgewogen.

Philipp ist auch Individualist, der auf Spitzenqualität achtet, auch mal über den Fassrand auf das Moderne blickt, ohne jedoch den Blick fürs Wesentliche, das Individuelle, zu verlieren. Sein Studium in Geisenheim, seine lehrreichen Wanderjahre bei Emrich-Schönleber und Philipp Wittmann sowie der satte Erfahrungsschatz seines Vaters haben ihm eine Grundprägung gegeben, auf die er aufbauen kann. Statt auf krasse Brüche setzt er sanft, aber dennoch beharrlich, auf behutsame Veränderungen mit ganz viel Zukunft.

Seine geballte Kreativität und die Philosophie des Bioweinbaus setzt er auch im Keller um. Hier dürfen sich seine Weine frei entwickeln. Die Entstehung und Gestaltung seiner Weine variiert von Fass zu Fass. Letztlich entstehen hier ganz besondere und sehr unterschiedliche Charaktere, welche sich auf den großen Bühnen der Weinwelt sehr selbstbewusst präsentieren.

In der Lage Forster Pechstein wurzeln die Riesling-Reben des Riesling Forster Pechstein „Große Lage“ trocken 2018. Klar! Die Gewalt vom vulkanischen Basaltgestein lässt sich unverkennbar bereits vor dem ersten Schluck erkennen. Die Nase wird sofort eingenommen von feinen, filigranen Anklängen an gelbe Früchte in Begleitung von Zitrus gepaart mit animierenden mineralischen Komponenten. Am Gaumen rassig und elegant bei zunehmender Opulenz und einer dicht verwobenen aromatischen Textur, die ein langes Finale einleitet. Definitiv… ein grandioser Riesling.

Was bleibt…. Bodenständig und verlässlich, offen für Neues und ein klein wenig verrückt, ist dieser Typ. Ein Familienmensch ist Philipp durch und durch, denn seine traditionsbewusst-liebenswerte Familienbande gibt ihm Sicherheit und Lust auf ganz viel Zukunft.

Weingut & Landhotel Lucashof / Wiesenweg 1a, 67147 Forst/W. / 06326.336

Rheinhessen! Eine Partitur großer Rieslinge – Fritz Groebe

Wein und Musik – das ging schon immer gut zusammen. Der Winzer Friedrich Groebe nimmt uns mit auf eine Reise durch die Aromensinfonie seiner Großen Gewächse.

Manchmal, wenn die Welt unübersichtlich und pandemiebedingt in Aufruhr ist, kann ein wenig Schumann helfen. Zumindest, wenn man einen Flügel hat und darauf so gut zu spielen weiß wie Friedrich Groebe. In sich ruhend, feinsinnig, nie überzogen – so wie er dem Instrument Töne entlockt, so tritt er auch Besuchern gegenüber: Friedrich Groebe ist ein geerdeter und liebenswert-musischer Mensch und ein Winzer mit klarer Haltung. „Wein ist Teil unserer Kultur“, sagt er. „Es bedarf einer Philosophie und handwerklicher Kunst, um einen guten Wein zu machen, nicht Technologie.“

So gern man Friedrich Groebe beim Klavierspielen lauscht – noch schöner ist es, ihn über seine Weine sprechen zu hören. Charmant und leidenschaftlich entwirft er ein Charakterbild seiner Werke, beginnend bei einem 2019 Riesling trocken VDP Erste Lage. Bereits der Duft des jungen Rieslings ist unvergleichlich. Die Nase wird füllig mit gelber, exotischer Frucht mit Anklängen von Papaya und Maracuja betört. Der Gaumen wird von einer fruchtigen Stoffigkeit umschmeichelt. Definitiv: Ein feinziselierter, mineralischer Riesling mit tollem Potenzial. Mit diesem Wein aus den Lagen Kirchspiel und Aulerde beginnt eine faszinierende, spannende und auch tiefsinnige Führung durch die große Sinfonie der Aromen, die dieser besondere Ort hervorbringt.

Von seiner Terrasse aus lässt Friedrich Groebe gern den Blick über seine Weinberge schweifen – einige befinden sich schon seit 250 Jahren im Familienbesitz. Solche Weinberge, eingebunden in ein sehr gesundes Ökosystem, zu kultivieren und das Beste aus dem heraus zu holen, was das Terroir und das hervorragende Rebmaterial ihm bietet, macht dankbar und zufrieden. Letztlich ist es jedoch auch der achtsame und handwerklich versierte Umgang, der einen majestätisch-guten Wein entstehen lässt – und da überlässt Friedrich Groebe nichts dem Zufall. Ob bei der Arbeit im Weinberg oder im Keller – überall legt er persönlich Hand an, ohne Scheu, sich die Finger schmutzig zu machen. Auf seinem Traktor sitzt er mindestens so gern wie an seinem Flügel.

Die jahrelange Erfahrung hat Friedrich Groebe gelassen und standfest gemacht, weder das immer unberechenbarer werdende Klima noch die aktuelle Pandemie scheinen ihn aus der Ruhe zu bringen. Eine Eigenschaft, die auch seinen Weinen zugute kommt: Er gönnt ihnen altes Holzfass, viel Geduld und Ruhe und krönt ihren großen Auftritt mit bestem Naturkork. Für ihn keine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern der Ästhetik und der Wertschätzung.

Sein Sinn für Tradition und ein gelassenes Ignorieren von Trends und Modeerscheinungen sind Teil seines Stils. Expansion ist kein Thema für Groebe. Und Modernität im Keller… wozu? Diese Seelenruhe strahlt ab auf die großen Rieslinge, die im fünfhundert Jahre alten Weinkeller in der Kellergasse ruhen. Hier, innerhalb der südlichen Stützmauer des mit prächtigen Linden gesäumten Marktplatzes von Westhofen, schmiegen sich über vierzig Weinfässer aneinander. Alte, schwere Eichenfässer auf weingetränkten Pflasterböden erzählen spannende Geschichten der letzten Jahrhunderte: Von 1890 stammt das älteste Fass, das jüngste von 1967. Mit Fingerspitzengefühl und viel Augenmerk lässt Friedrich Groebe den Wein recht lange auf seiner natürlichen Hefe. Für ihn ist jede Flasche Wein konservierte Zeit, die nach Jahren der Reife wieder lebendig wird und die Sinne wundervoll beflügelt. „Manchmal ist es auch nur ein sehr kontrolliertes Nichtstun, das zum gewünschten Ziel führt“, sagt er.

Raus aus dem Keller und nach oben ins Kirchspiel, im Norden von Westhofen. Ein wahrlich majestätischer Ort – das finden auch die Bussarde, die hier am „Spionskopf“ kreisen und nach Beute Ausschau halten, mit Blick auf die Rebhänge in bester Südlage, an denen die Trauben für große Weine wachsen. Die Reben von Friedrich Groebe sind teils wurzelecht, authentisch, unveredelt und auch manchmal stur. Im Frühjahr zwingt er sie durch kräftigen Rückschnitt, den Verzicht auf mineralische Düngung und natürliche Begrünung zur Nahrungssuche in die tieferen Schichten des Erdreichs. Die leicht erwärmbaren, gut durchlüfteten und steinigen Böden bieten beste Voraussetzungen für sehr kraftvolle und mineralische Rieslinge. Das stetige Wechselspiel des Mikroklimas in dieser Naturlandschaft erfordert jedoch auch ein sensibles handwerkliches Können und ein über Generationen gewachsenes Wissen des Winzers, um charakterstarke, einzigartige, Weine entstehen zu lassen. Etwa einen Riesling 2016 Kirchspiel VDP.Großes Gewächs:  Hellgelb liegt er im Glas und schickt sein feines Aromenspiel in die Nase. Die alten Reben geben diesem Wein eine schöne Tiefe und eine prächtige Opulenz. Das faszinierend-harmonische Aromenspektrum von Weinbergspfirsich, Aprikose und Zitrusfrucht ist typisch für diese Lage und überzeugt am Gaumen mit einer Nuance Tabak und der komplexen Mineralik.

Als Musiker weiß Friedrich Groebe natürlich, dass man sein Publikum zum Schluss mit einem echten Paukenschlag, einem großen Geschmacks-Crescendo nach Hause schicken muss. Zurück im Weingut öffnet er eine Flasche 2013 Kirchspiel Riesling Grande Reserve. Kein Wein für mal so eben zwischendurch: Das Aromenspiel umgarnt die Nase mit roter Grapefruit, Weinbergspfirsich und saftiger Birne. Zunächst noch etwas filigran, gepaart mit einer feinen Note weißer Schokolade, beglückt er den Gaumen mit einem zarten Schmelz Orange, etwas Zitronengras und feiner Limette. Die Säurestruktur ist harmonisch und keineswegs mächtig. Ein großer Wein für die ganz große Bühne. Und wie das so ist bei den ganz großen: Man muss sich um sie bemühen – diesen Wein kann man nicht einfach kaufen, man muss ihn ersteigern.

„Wir sind nun mal ein Handwerksbetrieb und keine Großkellerei“, sagt Friedrich Groebe zum Abschied. Und beweißt einmal mehr, dass die leisen Töne oft die schönste Musik erzeugen.

Weingut Fritz K.F. Groebe / Mainzer Str. 18, 67593 Westhofen / 06244 4523

https://www.weingut-k-f-groebe.de

Rheinhessen! Naturverrückt und Weinverquer – Christopfer Barth

Echte, authentische Qualität entsteht vor allem im Weinberg, im Kopf und im Keller.

Chris Barth ist ein kreativer Querdenker mit brachialer Leidenschaft für die große Handwerkskunst der Weingestaltung. Im Weinberg arbeitet er nicht gegen die Natur, sondern demütig mit ihr. Die Natur, mit all ihren Extremen gibt die Taktung vor, fordert viel Aufmerksamkeit und zwingt zum Umdenken, fernab vieler Lehrbücher. Chris Barth hat mit den Naturlandschaften rund um Weinheim einen Friedenspakt geschlossen: Mit seiner Arbeit bleibt die Vitalität des Bodens erhalten und findet immer im Rhythmus der Natur statt. All sein Tun geschieht in der zertifiziert biologischen Bewirtschaftung mit Elementen der Biodynamik, einer Phase der ersten Annäherung, ist dabei Ausdruck seines Strebens nach höchster Qualität. Behutsam, mit viel Sorgfalt – am Stock, an der Traube, in den Hängen wie auch im Keller legt er selbst Hand an und versucht jeglichen Zufall zu vermeiden. Solche Handwerkskunst ist das Fundament für besonders gute Weine – sortentypisch, rassig, mit einem ganz eigenen Charakter.

Sein „Handwerk Rosé 2018“ ist ein solcher Charakter. Bereits im Glas legt er, unfiltriert und trüb, eine brillante Pirouette hin. Aus Portugieser-Trauben gekeltert und ohne Vorklärung in zwei kleinen Holzfässern spontan vergoren. Zielgerichtet umgarnen Aromen von Rhabarber, Himbeeren, Kirschen und feuchtem Gestein. Auch der Gaumen wird von viel Frucht gepaart mit einer feinen Säure verwöhnt.

Die Begegnung mit dem Weinmacher ist ungezwungen und charmant. In seiner kleinen, unspektakulären, meist offenen Hofreite, mit Scheune und Natursteinkeller, inmitten von Weinheim kreiert er Weine ohne überflüssige Technik und Firlefanz. Das traditionsgeprägte Gebäude mit ein wenig mehr als zwei Zimmern und Küche bietet ganz viel Barth und Lebenslust. So wie seine Weine eben.

Schnell wird klar: Christopher Barth ist kein Blender oder Übertöner. Er ist ehrlich, naturverrückt und weinverquer. Er geht auch mal über Grenzen hinaus und gestaltet mit viel Selbstbewusstsein Weine die anders sind als jene, die durch die breiten Gassen des Mainstreams poltern. Seine Weine sind weder laut noch leise, noch burschikos oder schüchtern. Es sind Weine mit starker Persönlichkeit und ganz viel Potential auf eine große Zukunft. So wie sein „Handwerk Sauvignon Blanc 2018“ ! Ein maischevergorener Natural mit deutlichem Sortencharakter. Die Trauben in der Alzeyer Lage Rotenfels werden per Hand gelesen und dann 14 Tage auf der Maische mit eigenen Hefen in Holzfässern vergoren. Weder filtriert noch geschönt kommt er dann auch daher. Leicht trüb im Glas schickt der Sauvignon Blanc ein kräftiges Aromenspiel von roter Chili, Mango und feinen Anklängen von Stachelbeere in die Nase. Am Gaumen bleibt dieses Aroma in Begleitung einer frischen, lebendigen Säure haften. Dieser Sauvignon ist mehr als Handwerk. Er ist ein puristisches Kunstwerk. Chapeau!

Christopher Barth ist ein Zufallswinzer. Nach dem plötzlichen Tod seines Onkels krempelte er seine Ärmel hoch und begann das kleine Weingut neu zu entdecken und zu gestalten. Tradition ist eine liebenswerte Lebenserscheinung, jedoch keine Lebenspflicht. Sein Job in der IT-Branche hängte er hinten links an den rostigen Nagel und holte sich sein geballtes knowhow verknüpft mit ganz viel Neugier an der Hochschule in Geisenheim.

Seine Rebflächen rings um Alzey und Weinheim ruhen auf Melaphyr, einem feinkörnigen, vulkanischen Gestein. Es ist die Grundlage für puristische, expressive Weine, insbesondere für Rieslinge, die das Terroir klar, ungeschminkt und ehrlich wiederspiegeln.

Weingut Christopher Barth /  Am Mandelberg 23, 55232 Alzey /  06731 4714118

Herzlichen Dank an Andreas Durst für die lebendigen Fotos.