Sommelier & Weinkreateur Arnold Nölly und Wein aus dem Ammertal

Wenn der leichte Nebelschleier am Morgen den ersten Sonnenstrahlen die Bühne überlässt und die sanften Hänge ihre Hände öffnen, dann haben die beschaulichen, teils schroffen, Weingärten im Ammertal ihren schönsten Auftritt.
Hier ist es nicht hässlich, auch nicht gewöhnlich und ganz weit weg laut. Aber schroff, auch mal launisch und ganz sicher verdammt authentisch und traumhaft schön.

Das Ammertal, das kleinste Anbaugebiet in Württemberg, schmiegt sich von Rottenburg über Unterjesingen bis knapp vor Metzingen in idyllische Berg- und Waldlandschaften ein und lässt die Welt so gern gottgnädig sein. Sie ist stets und zu jeder Zeit eine Reise wert.

Im 15. Jahrhundert war das Ammertal eine reiche Weinbauregion mit 400 Hektar. Zur Gründungsfeier der Universität Tübingen im Jahr 1477 wählte der württembergische Graf Eberhard im Bart beste Weine aus dem Ammertal. Die Realteilung, sowie unbezwingbare Rebkrankheiten führten zum Niedergang des Weinbaus im Ammertal. Statt Wein wurden an den terrassierten Hängen des Schönbuchtraufes verschiedene Obstsorten angepflanzt, Doch seit wenigen Jahren lebt er wieder, der Geist der guten Weine im Ammertal. Verrückt-idealistische Kleinwinzer wie der Sommelier und Mitinhaber des Hotels Hasen, Arnold Nölly oder die Unterjesinger Winzer und Obstbauer Richard & Christine Müller.
Arnold Nölly ist ein wahrer Weinliebhaber. Diplomierter Sommelier und liebenswerter Gastgeber im Herrenberger Hotel Hasen. Während sein Bruder Gerhard seine Leidenschaft und Kreativität am Herd auslebt und so manchem Gast kulinarische Feinheiten in deren Sinne zaubert, sucht Arnold die körperlichen und auch geistigen Herausforderungen im Weinberg. Hier ist es sorgenfrei und ohrenbetäubend leise. Hier ist Geborgenheit und Inspiration für Neues. Souvignier Gries, und die fast vergessene Rebsorte Johanniter sind seine Leidenschaft. Johanniter kommen kräftig, fruchtig daher und haben Ähnlichkeiten mit Riesling. Hingegen der Souvignier Gries eine 1983 neue gezüchtete Piwi-Weißweinsorte ist, deren Eigenschaften es ermöglichen auch in niederschlagsreicheren Weinbaugebieten die Anzahl von Pflanzenschutzmaßnahmen zu reduzieren, denn nichts verteufelt Nölly mehr, als Chemie im Weinberg.
Und im Weinkeller? Hier, im tiefen Gewölbe, des Hotels Hasen lagern die „Besten“ aus dem Ammertal zwischen 130 verschiedenen Weinen aus großen Lagen Deutschlands und der Welt. Und kaum ist das Jahr vorbei, sind die wenige hundert Flaschen aus den eigenen Weinlagen ausgetrunken. Mir hat Nöllys Eigenkreation, ein 2018 Hasen Rotling, Burg Müneck Steillage, ein Rosé-Cuvee aus Kerner, Spätburgunder und Schwarzriesling, die Sinne verdreht und mich den Tag sanft ausklingen lassen.
Mal so ganz unbedeutend nebenbei erwähnt: Hier in die tiefen des Hasens ist Arnold der Hausherr und Kellermeister. Seine erstklassige Ausbildung an der der Dualen Hochschule in Ravensburg schloss er als „Bachelor of Arts in Hotel Management“ ab. Es folgte die Ausbildung zum Sommelier in Heidelberg gepaart mit reichlich Fachpraxis auf dem Staatsweingut Meersburg. Rasch wird erkennbar, Arnold versteht die Sensibilität seiner Handwerkskunst und fügt sie ein in sein Leben. Mit guten Gedanken und der freundlichen Ansprache trägt er als Sommelier dazu bei, dass dem Gast das Ammental schmeckt.

Arnold Nölly / Hotel Hasen / Hasenplatz 6, 71083 Herrenberg  / 07032 2040

https://www.hasen.de

 

Das Leben mal in Kirschrosa – Lambrusco secco

Der Italiener an sich zeichnet sich durch seine besondere Gastfreundschaft und Herzlichkeit aus- und das vor allem laut in allen Ebenen und Farben. Italiener lieben Geräusche und lieben ihren Secco, der ihnen so liebenswert das Leben neu aufmischt.

Auch mich hat er erfasst und mein Leben einfach mal in feines Kirschrosa getaucht. Das Leben ist eben auch so herrlich bunt und möchte all seine Vielfalt auf seinem Lebensbuffet in allen Lebenslagen ausbreiten. Definitiv finden wir ganz vorne am Buffet die Italiener, denn sie sind es, die das Leben, laut garniert, mit mannigfachen Geräuschen genießen. Mittendrin ein kräftig-brillantes Kirschrosa in Begleitung eines tiefgründigen Duftes mit mineralischen und blumigen Tönen, einem Hauch von roten Beeren und Pink Grapefruit. Der „Premium Lambrusco di Sorbara Vecchia Modena DOC 2018 secco“ verkörpert ganz viel Charakter, ist weiblich und dennoch scharf emanzipiert. So wie eine Italienerin, die ihre grenzenlosen Ausdrucksmöglichkeiten von Weiblichkeit zelebriert. Eine Italienerin sieht keinen Widerspruch darin, emanzipiert und so tief dekolletiert zu sein, dass man praktisch von Modena aus noch die Küste von Portofino sehen kann.

Prickelnd, frisch und feinperlend mit betont-knackiger Säure… ein großer Secco, dem auch die Großen Italiens so gern und ganz viel Aufmerksamkeit schenken. Luciano Pavarotti und Lucio Dalla nach großen Konzerten und kleinen Seelenblicken. Luca di Montezemolo und seine Ferraristi nach großen Siegen und kleinen Fehlfahrten. Dieser Sekt ist was er ist… eine feinperlige Lebenskultur und passt zu Drama, Epos und Lyrik. Ja! Es gibt auch Männer in Italien, die keine Gedichte schreiben, mies zeichnen, nicht singen können und nicht wissen, wie man nach Modena kommt. Ja, es gibt sie ganz häufig, die Nonna im Hintergrund, die versucht alle mit Essen zu versorgen und der Padrone hält seine Reden zum aktuellen Tagesgeschehen. Ein wunderbares Schauspiel wahrer Lebensfreude, an dem man gerne teilhat. Und so gerne „Lambrusco di Sorbara secco“ genießt, fast ehrwürdig.
Ehrwürdig auch das Weingut Cleto Chiarli, südlich von Modena, eingefasst von großen Weingartenlandschaften. Hier wirkt und kreiert Anselmo Chiarli eine faszinierende Vielfalt von Spitzensekten aus den verschiedenen Klonen des Lambrusco. Definitiv, der Vecchia Modena ist ein Statement im Gegensatz zum meist zurückhaltenden Prosecco.
Beim Spaziergang durch den Weinkeller und durch die Reihen von Stahltanks streift immer wieder der intensive Duft nach roten Früchten meine Nase.

Längst im Nirvana der Vergangenheit sind meine Erinnerungen an die legendären Korbflaschen des Lambruscos. Heute geht es viel moderner und eleganter zu, denn heute sorgen moderne Stahltanks und gekühlte Gärung für ein facettenreicheres Produkt als noch vor etlichen Jahrzehnten.