Dort oben auf der Kalmit finden Seele und Geist Zuflucht und Schutz vor Allem und Jedem, was ihn bedrängt und quält.
Angesichts der Widersprüchlichkeiten unseres Seins und all der unbeantworteten Fragen zu unserer Sinnhaftigkeit vermittelt die Natur uns Menschen eine Auszeit von uns selbst. Wir sind wieder eins mit der Göttlichkeit, die Geist und Seele Klarheit mit sich selbst verschafft, und so entsteht jener Einklang, den wir Harmonie nennen.
Im sanft rauschenden Pfälzer Wald, wo alle menschliche Hektik ihren Sinn und ihr Recht verloren hat, spielen die wenigen Lichtstrahlen, die sich durch die Kronen der breitkronig-hohen Kiefern und mächtigen Douglasien wagen, tief drunten im Moos mit silbernen Spinnweben. Von irgendwoher schallt das Hämmern des Spechtes. Der sich ein neues Zuhause schafft oder einen Baum von Parasiten befreit, und hier kann man, wie von ungefähr, in die sanften Augen eines überraschten Rehs blicken, solange man in Demut vor dem Wunder des Augenblicks verharrt. Von irgendwoher schallt das alarmierende Schreien von Wildschweinen. Es ist Schonzeit oder auch Rauschzeit genannt. Es ist der Start in den Frühling und auch ein Start in ein neues, ganz besonderes Lebensgefühl. Das Frühlingsgefühl darf nun all unsere Sinnesbühnen bespielen.
Klar! Alles hier hat seinen Sinn. Lange vor unserer Zeit, als der Wald noch unmittelbarer Teil menschlichen Bewusstseins war, im Zentrum unseres Denkens, in der Hochgotik, schuf der Mensch Kathedralen mit himmelwärts hochaufragenden Säulen, den Bäumen unserer Wälder gleich, in denen sogar die Akustik geradezu verblüffend ähnlich der des Waldes war. Und um der Sinnhaftigkeit seines Tuns gewissermaßen die Krone aufzusetzen, schufen Menschen ein sehr spezielles Gesetz: das „Kirchenasyl“. Jeder Verfolgte, auch jeder Schutzsuchende vor dem Gesetz, konnte hier, an heiliger Stätte, Schutz suchen und finden. An diesem Gesetz und seiner Wirkmächtigkeit hat sich im Prinzip nichts verändert.
Noch immer ist der Wald Schutzraum für den von Sorgen, Ängsten und Zwängen und sogar von sich selbst verfolgten Menschen. Hier finden Seele und Geist Zuflucht und Schutz vor allem und jedem, was ihn bedrängt und quält. Jene, die mit sich selbst hadern und ihr Menschsein als Bürde empfinden, werden sich in der Natur mit sich selbst versöhnen. Hoch droben über Maikammer ist über die Zeit ein einzigartiges Naheverhältnis von Mensch und Natur organisch gewachsen. Hier oben auf 673 m, im Gasthaus der Kalmit und auf seiner Terrasse finden Mensch und Natur zusammen, immer wieder, seit Generationen. Es lohnt, nicht nur im Frühling, die am höchsten gelegene Hütte im Pfälzerwald zu besuchen und die Fernblicke zu genießen.