Kaum hat der Januar mit seiner grauen Tristesse losgelassen, schickt der Februar mit all seiner Kraft die Sonne in die herrlichen Weinbergs- und Waldlandschaften der Südpfalz.
Die Reben gieren nach Sonne und strecken sich ihr nun entgegen. Der Winterschlaf ist vorbei und hier und da fallen sie auf … die Winzer mit ihren Scheren. Etwas später, aber unbedingt auch gesünder als üblich. Der Rebschnitt erfolgt dann, wenn die Rebstöcke in der winterlichen Ruhephase zwischen November und März sind. Je später er durchgeführt wird, desto besser ist es für die Pflanzen. Mittlerweile haben viele Winzer begriffen, dass eine Rebe eine besondere Pflanze ist und viel Aufmerksamkeit wie auch Achtsamkeit benötigt. Um die Folgen radikaler Eingriffe zu vermeiden, schneiden die Winzer seit einigen Jahren nach der Methode des sogenannten sanften Rebschnitts.
Früher etwas stiefmütterlich behandelt, kommt dem Rebschnitt heute zunehmende Bedeutung zu. Das erfordert jedoch auch ein Drittel mehr Zeit und viel Konzentration. Beim sanften Rebschnitt darf die Säge pausieren, denn nun ist die Handschere das Maß der Vernunft und das Werkzeug der Achtsamkeit.
Anders als beispielsweise Obstbäume ist die Rebe nicht in der Lage, großflächige Schnittwunden zu verschließen. Daher gilt es, solche rabiaten Verletzungen zu vermeiden. Zudem kommt es, beginnend von der Schnittstelle, zum Vertrocknen der Leitungsbahnen und wichtige Mineralstoffe finden nicht mehr den Weg in die Beeren. Schadsymptome sind oft erst nach mehreren Jahren sichtbar. Da die Reben aufgrund des Klimawandels zunehmend Stresssituationen ausgesetzt sind, ist es den intelligenten Winzern wichtig, die Leitungsbahnen in den Rebstämmen möglichst intakt zu halten. Nur so bleiben die Rebstöcke langfristig gesund.
Bei der neuen Schnitttechnik achtet man darauf, dass möglichst wenige Wunden entstehen. Holzzerstörende Pilze bekommen dadurch weniger Angriffsfläche. Wichtige Gründe für den Schnitt von Weinreben sind gute Belüftung und Belichtung im Stock. Dadurch wird die Krankheitsanfälligkeit des Stocks verringert und die Qualität der Früchte erhöht. Je weniger der Rebstock verletzt wird, desto ungehinderter ist zudem die Versorgung der Triebe und Trauben. Der Rückfluss von Nährstoffen in Richtung Stamm als Energiespeicher für das kommende Jahr wird ebenfalls gefördert.
Manchmal bin ich auch sehr verwundert über jene Wanderer, welche zum Hirsche mutieren, gern durch Rebflächen toben und dabei wertvolle Reben schädigen.
Eine gesunde Weinrebe, die viele schmackhafte Trauben trägt, benötigt Ruhe und auch einen regelmäßigen Schnitt.